Schriesheim im Bild 2023

26.04.2013

"Wir sind nicht Höfers Mehrheitsbeschaffer"

Von Carsten Blaue

Schriesheim. Bürgermeister Hansjörg Höfer hat im Gemeinderat allen Fraktionen Gespräche angeboten. Hintergrund ist die Bürgermeisterwahl am 1. Dezember, zu der er wieder antreten will. Schon im Vorfeld der Gemeinderatssitzung sprach die RNZ mit den Grünen Robert Hasenkopf und Wolfgang Fremgen über den Kandidaten Höfer, ihre Haltung im Wahlkampf und ihre Erwartungen an den Rathauschef, der von 1984 bis zum Beginn seiner Amtszeit im Jahr 2006 Stadtrat der Grünen Liste war. Fremgen vertrat im Gespräch als Vorsitzender den Ortsverein von Bündnis 90/Die Grünen. Hasenkopf ist Vorsitzender der Wählervereinigung Grüne Liste.

> Herr Hasenkopf, Herr Fremgen, werden die Grünen "ihren" Bürgermeister Hansjörg Höfer auch im Wahlkampf für eine zweite Amtszeit unterstützen?

Hasenkopf: Bei der letzten Wahl vor acht Jahren haben wir ihn ja nicht offiziell unterstützt. Hansjörg Höfer legte Wert darauf, Kandidat für alle Schriesheimer zu sein. Viele haben ihn auch gewählt, die uns nicht unbedingt nahestehen.

> Kommen Sie! Das sind Floskeln. Natürlich war Höfer Ihr Kandidat, und jeder Kandidat will Bürgermeister für alle sein.

Hasenkopf: Es ist keine Frage, dass er nach 20 Jahren für die Grünen im Gemeinderat öffentlich als "grüner" Bürgermeister wahrgenommen wird. Aber er ist eben quer durch Schriesheim sehr beliebt. Das hat auch nicht immer was mit Kommunalpolitik zu tun.

Fremgen: Es bleibt dabei: Er war und ist ein unabhängiger Kandidat. Also müssen wir über eine Unterstützung heute gar nicht nachdenken. Wenn, dann entscheiden das sowieso die Mitgliederversammlungen. Wenn Hansjörg Höfer auf uns zukommt, kann er sich unseren Mitgliedern sicher vorstellen.

Hasenkopf: Wir wissen ja noch nicht mal, ob es weitere Kandidaten geben wird.

> Dürfte sich ein Kandidat von CDU und Freien Wählern auch bei Ihnen vorstellen?

Hasenkopf: Ja, selbstverständlich.

> Stellen Sie womöglich sogar einen eigenen, "abhängigen" Kandidaten gegen Höfer auf?

Hasenkopf: Nein, das haben wir sicher nicht vor.

Fremgen: Es hat sicher seine Vor- und Nachteile, als Kandidat aus Schriesheim zu kommen.

> Wie muss man sich bei den Grünen die Entscheidungsfindung zur Unterstützung eines Kandidaten vorstellen?

Fremgen: Wahrscheinlich gibt es eine gemeinsame Mitgliederversammlung von Grüner Liste und Bündnis 90/Die Grünen, in der sich die Kandidaten vorstellen können. Danach entscheiden die Mitglieder separat über die Unterstützung. Bei uns sind die Unterschiede ja bloß eher organisatorischer Natur.

> Stehen Sie Höfer heute noch so nahe wie vor acht Jahren?

Fremgen: Es gab Dinge, die er in seiner ersten Amtszeit gut gemacht hat, etwa die Schaffung von Kinderbetreuungseinrichtungen, die Aufarbeitung der Vergangenheit in Form der Stolpersteine, der Besuch bei den ehemaligen Zwangsarbeitern, die energetische Sanierung der Mehrzweckhalle oder die Entwicklung des OEG-Areals mit der Bürgerbeteiligung. Nicht einverstanden waren wir mit der frühzeitigen Verlängerung der EnBW-Konzession oder der Nichtbesetzung der Umweltstelle.

Hasenkopf: Diese Stelle muss wieder her. Und als Kandidat ist Hansjörg Höfer sicher gut beraten, auf unsere Wünsche besser einzugehen. Und was die Nähe angeht: Sicher haben wir heute nicht mehr die Aufbruchstimmung wie vor acht Jahren. Daraus leite ich aber keine solche Distanz oder Entfernung ab, dass ich ihn nicht mehr als Bürgermeister will. Zudem gibt es ja immer noch den freundschaftlichen Kontakt jenseits des Amtes oder der Kommunalpolitik.

> In den vergangenen Jahren entstand aber nicht selten der Eindruck, dass Sie als Grüne gar nicht mehr wissen, wie Sie sich zu Hansjörg Höfer stellen sollen - nicht mal innerhalb der Fraktion herrscht hier doch Einigkeit.

Fremgen: Dieser Eindruck ist falsch. Richtig ist, dass wir immer Wert auf unsere eigene Meinung gelegt haben. Und wenn etwas nicht okay war, dann haben wir eben reagiert. Wir sind ja nicht Höfers Mehrheitsbeschaffer. Sein Problem ist jedoch, dass er im Gemeinderat keine Mehrheit hat und sie immer suchen muss. Gerade deshalb hätte ich mir gewünscht, dass er seine Visionen und Positionen offensiver vertritt und auch um sie kämpft. Und wenn es mal gegen die Mehrheit gegangen wäre.

> Oft scheint es aber so, als sei Höfer vor Abstimmungen gar nicht über die Positionen der Fraktionen informiert. Nicht selten wirkt er überrascht.

Hasenkopf: Sein Vorgänger Peter Riehl hatte eine Mehrheit, auf der er seine Politik aufbauen konnte und die die Dinge mittrug. Genau diese Kungelei wollte damals doch keiner mehr. Hansjörg Höfer sitzt nun aber manchmal zwischen allen Stühlen, und auch wir sind für ihn nicht sicher.

Fremgen: Beim Ökostrom hat man ja gesehen, wie es dann laufen kann. Das war alles andere als optimal.

Hasenkopf: Diese Sorge um Mehrheiten hat in Höfers Politik vieles gebremst.

Fremgen: Das stimmt. Sicher sollte er in Zukunft öfter mal Flagge zeigen und seine Positionen deutlich kommunizieren.

> Was würden Sie sich noch vom Kandidaten Höfer für die nächsten acht Jahre wünschen?

Hasenkopf: Dass nachhaltiges Denken im Alltag der Verwaltung selbstverständlich wird. Da sind die Potenziale noch nicht ausgeschöpft.

Fremgen: Und dass gerade er, der so viel Wert auf den Mathaisemarkt legt, über die Struktur und den Charakter des Festes nachdenkt, vielleicht in Form einer Rückbesinnung auf die Historie und mit weniger Rummel.

Hasenkopf: Wir reden zum Beispiel auch immer viel darüber, dass es die Zeit nach der Tunnelöffnung gibt und wir Schriesheim attraktiver machen müssen. Aber in die Gänge kommt keiner richtig. Das gilt nicht nur für die Verwaltung. An solch einer Stelle muss der Bürgermeister seine Moderatorenrolle einnehmen.

> Die lag Höfer bisher aber nicht wirklich.

Hasenkopf: Sicher gibt es da Verbesserungsbedarf.

Fremgen: Ich denke, er ist da lernfähig und wird weiter Erfahrungen sammeln.

Hasenkopf: Und wer weiß? Wenn Hansjörg Höfer wiedergewählt wird, dann wird es für ihn vielleicht ja auch leichter mit den Mehrheiten nach der Kommunalwahl im nächsten Jahr.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung