Schriesheim im Bild 2023

17.07.2013

Hier sollen die Schüler "angstfrei lernen"

Von Stefan Zeeh

Schriesheim. "Die Bildungspolitik ist für uns eine der vornehmsten Landesaufgaben." Uli Sckerl ließ im Rahmen der ersten Regionalkonferenz "Gemeinschaftsschule" in Schriesheim gar keinen Zweifel aufkommen, wie hoch die Landesregierung dieses Thema ansiedelt. Deshalb werden Politiker der Grünen, darunter die bildungspolitische Sprecherin der Landtagsfraktion, Sandra Boser, in den kommenden Wochen gleich mehrere Regionalkonferenzen im Land abhalten, um den Bürgern die wesentlichen Reformbausteine der grün-roten Bildungspolitik näher zu bringen.

"Wir wollen ein sozial gerechtes Bildungssystem", nannte Boser einen der Gründe für die Einführung der Gemeinschaftsschule. Gerade in Baden-Württemberg sei die soziale Herkunft bisher maßgebend für die Bildungslaufbahn der Schüler gewesen. Das wolle man mit der Gemeinschaftsschule ändern. Zudem biete dieses Schulmodell die Möglichkeit, auf die persönlichen Bedürfnisse der Kinder besser einzugehen. "Ein Kind hat keinen geraden Weg", verdeutlichte die Grünen-Politikerin, dass Schüler während ihrer Entwicklung Phasen haben, in denen sie besser, aber auch manchmal schlechter lernen. Mit der Gemeinschaftsschule will man zugleich auf den demografischen Wandel reagieren. Bis zum Jahr 2020 gebe es 20 Prozent weniger Schüler, so Boser.

Das hätte Auswirkungen auf das Bildungssystem, denn ob Hauptschule oder Gymnasium, alle Schularten benötigten genügend Schüler, um überhaupt existieren zu können. In einer Gemeinschaftsschule könnten jedoch gleich drei Schulabschlüsse erlangt werden - zudem biete diese Schulart die Möglichkeit, vor Ort "beschult" zu werden.

"Die Schüler sind begeistert", berichtete Sandra Boser über ihre Erfahrungen mit der Gemeinschaftsschule. Das läge unter anderem daran, dass sie erfahren würden, wo ihre Stärken und Schwächen liegen und welcher Schulabschluss für sie der Richtige sei. Ebenso seien die Rückmeldungen von den Eltern positiv, da sie etwa anhand der Wochenpläne besser sehen, woran ihre Kinder gerade arbeiten. "Sie werden Schüler erleben, die anders lernen", lud der Bammentaler Schulleiter Peter Fanta interessierte Bürger ein, sich das Schulmodell Gemeinschaftsschule in der Elsenztalschule einmal näher anzusehen. Hier gibt es seit dem vergangenem Jahr eine Gemeinschaftsschule nach kanadischem Vorbild.

Dort könnten die Schüler angstfrei lernen, denn Noten gibt es bis zur 9. Klasse nicht - auch das Sitzenbleiben wurde abgeschafft. Hausaufgaben werden in der Ganztagsschule am Nachmittag erledigt, so dass die Schüler zu Hause ungestört ihren Freizeittätigkeiten nachgehen können. "Die Gemeinschaftsschule ist ein Riesenpuzzle", stellte Peter Fanta Lernmodule sowie verschiedene Kurse vor, die von den Schülern am Nachmittag besucht werden können.

Dabei lernen die Schüler beispielsweise in der Schulfirma nicht nur, wie man eine eigene Firma führt, sondern auch wie die Produkte, etwa Gartenmöbel, hergestellt werden. "Können die Schüler in einer Gemeinschaftsschule genauso viel lernen wie an anderen Schulen?" Diese rhetorische Frage beantwortete Sandra Boser mit einem klaren "Ja". Dass damit auch die Studierfähigkeit der Schüler erreicht werde, wurde allerdings in der nachfolgenden Diskussion von einem Gymnasiallehrer aus Mannheim angezweifelt.

Nach seinen persönlichen Kenntnissen führe das kanadische Schulsystem dazu, dass angehende Studenten nach dem Schulabschluss Vorbereitungskurse für die Universität besuchen müssten, um das entsprechende Wissensniveau zu erreichen.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung