Schriesheim im Bild 2023

15.08.2013

In der Schriesheimer Stadtbibliothek ging es zurück in die Steinzeit

Von Stephanie Kuntermann

Schriesheim. Der Australopithecus hat eine nicht eben Vertrauen erweckende Physiognomie: breite Jochbeine, Überaugenwülste und einen wuchtigen Unterkiefer. "Das ist ein Affe", vermutet ein Mädchen, als Walter Karl den mächtigen Schädel präsentiert. Nein, korrigiert der: "Er konnte schon aufrecht gehen, deshalb zählt er schon zu den Menschen."

Der Nürnberger und seine Partnerin Elke Gaßner haben ihr "Museum im Koffer" auf Einladung von Ruth Schneider in die Stadtbibliothek mitgebracht, und 28 Ferienspiel-Kinder sitzen auf Fellen um die Schädel herum und lauschen andächtig, als die beiden sie für einen Nachmittag in die Steinzeit entführen.

"Wenn die mal im Unterricht auch so aufmerksam wären", sinniert die Bücherei-Leiterin angesichts des gebannten Interesses. Das ist kein Wunder, betrachtet man das ganze Drumherum: Da gibt es einen Webstuhl, gebaut aus Ästen und Hanfseilen mit Steingewichten, einen ähnlich konstruierten Drillbohrer und jede Menge Experimentierstationen.

Da gibt es eine Ecke zum Töpfern, eine zum Faustkeile-Herstellen, zum Kochen und sogar einen Platz, an dem man aus Speckstein und Hanfschnur seine eigene Kette herstellen kann.

Alles wird mit Steinzeit-Werkzeug gemacht, mit Ausnahme des Kochens, für das eine Elektroplatte verwendet wird. Die Äpfel für das "Neandertaler-Müsli" werden aber mit Feuersteinmessern geschnitten.

Das klappt nach ein paar Versuchen, auch wenn die Stückchen nicht so glatt und sauber aussehen wie mit dem Messer geschnitten.

Dann gibt Gaßner noch Milch und Honig dazu. "Wir wissen, dass die Menschen in der Steinzeit das alles schon kannten, denn davon wurden Überreste gefunden", erzählt Karl. In den Brei kommen auch noch Nüsse und Hirsekörner.

Beides muss man zuvor zermahlen, und zwar mit einem runden Stein zum Rollen und einem glatten als Unterlage. Keine leichte Methode und auch keine schnelle. Gaßner erzählt: "Man braucht acht Stunden, um ein Kilo Mehl zu mahlen."

Und außerdem gute Nerven, denn im Selbstversuch der RNZ-Mitarbeiterin zeigt sich, dass die Methode keinesfalls unfallfrei ist: Bis man es schafft, einige Körnchen zumindest platt zu quetschen, sehen die Finger ganz ähnlich aus.

Nicht ungefährlich ist auch die Herstellung von Feuersteinwerkzeugen. Karl achtet darauf, dass jeder, der sich hier versucht, eine Schutzbrille trägt.

Das ist zwar kein Steinzeit-Standard, aber zumindest ungefährlich. Und dem Spaß an der Sache tut es keinen Abbruch.
Walter Karl zeigte den 28 Ferienspiel-Kindern Steinzeit-Werkzeug. Foto: Dorn

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung