Schriesheim im Bild 2023

01.10.2013

"Wenn es um Kinder geht, kochen die Emotionen hoch"

Von Carsten Blaue

Schriesheim. Am 15. Oktober werden sich Elternvertreter, Verwaltung, Schulleiter und Stadträte erstmals hinter verschlossenen Türen zusammensetzen. Das kündigte Hansjörg Höfer gestern an. In der neu formierten Arbeitsgruppe will der Bürgermeister auch Zahlen vorlegen, die die Behauptung des Gesamtelternbeirats im Rahmen der "Wein-Wanderung" widerlegen sollen, dass ein zu geringer Betrag aus den Landesmitteln als Budget bei den Schulen ankomme. Für die Öffentlichkeit wollte Höfer aber nicht so lange warten. Also ließ er Kämmerer Volker Arras gestern vor der Presse darlegen, wie viel die Stadt im Haushalt 2013 für die Schulen ausgibt und was bei ihnen als Schulbudget ankommt (siehe Kasten). Und das sei genauso viel wie in anderen Städten des Rhein-Neckar-Kreises. Aus Höfers Pressekonferenz konnte man aber noch eine andere Botschaft ableiten: Die Veranstaltung des Gesamtelternbeirats vom Freitag vorletzter Woche wirkt auch beim Bürgermeister nach.

Hintergrund


Sachkostenbeitrag des Landes für sämtliche Schulaufwendungen: 855.794 Euro
Schulbudget aller Schulen für Kopien, Telefon, Büromaterial, Lern- und Lehrmittel: 210.600 Euro
Kopfbetrag je Schüler: 100 bis 150 Euro
Schulausgaben im Verwaltungshaushalt für sämtliche Schulaufwendungen: 2,17 Mio. Euro
Zuschussbedarf der Stadt für die Schulen im Verwaltungshaushalt: 1,29 Mio. Euro
Für Grundschulen zahlt das Land keine Sachkostenbeiträge.

Er wolle den Sanierungsstau im Schulzentrum nicht klein reden, und die Eltern hätten Recht, sich für ihre Kinder stark zu machen. Der Handlungsbedarf sei groß, doch vor einer grundlegenden Sanierung des Schulzentrums bedürfe man der Zahlen, Fakten und Pläne. Höfers Hoffnung: Bis Mitte nächsten Jahres liegt alles vor. Die Machbarkeitsstudie, in der auch das Nahwärmekonzept für das Quartier rund um die Schule berücksichtigt werde, solle schon "Ende des Jahres" fertig sein, so Höfer. Sei alles analysiert, könne man abwägen zwischen einer Generalsanierung und einem Neubau. Er selbst werde dann eine Empfehlung für die eine oder andere Vorgehensweise abgeben, so Höfer.

Grundsätzlich sei es sein Wille, für die bauliche Zukunft des Schulzentrums Kredite aufzunehmen. Wie hoch diese haushaltsrechtlich ausfallen dürften, konnte er nicht sagen. "Ich werde jetzt auch keine Zahlen in den Raum stellen, da wir zunächst die Fakten brauchen." Kritik übte er gleichwohl an der Bundesregierung: "Wir brauchen aus Berlin mehr Geld für unsere Infrastruktur. Wenn diese erhalten werden soll, dann kann es so nicht weitergehen."

Dass das Schulzentrum damals überhaupt gebaut wurde, nannte Höfer im Rückblick eine "weise Entscheidung": "Denn es ist ein Standortfaktor." Im Sanierungsstau sah er eine Altlast noch aus der Amtszeit seines Vorgängers Peter Riehl, schränkte aber ein: "Wir mussten in Schriesheim eben schon immer nach den Finanzen schauen." Trotz "einigermaßen stabiler Steuereinnahmen" seit zwei Jahren sei das bis heute nicht anders, "denn wir wissen nicht, ob es so bleibt." Höfer erinnerte in diesem Zusammenhang an die Lehman-Pleite: "Danach haben wir im Jahr 2009 die Gehälter mit Krediten bezahlt."

Er jedenfalls, so Höfer, habe sich immer um das Schulzentrum bemüht: "Denn wir wollen Schulstadt bleiben. Wir entwickeln die Schule immer weiter und halten sie attraktiv. Ich habe mich den Problemen immer gestellt." Als Beleg führte Höfer rund acht Millionen Euro Investitionskosten an, die zwischen 2006 und 2013 ausgegeben worden seien - darunter in die Mensa und die Realschulfachräume. Diese Neubauten müssten bei einem Abriss des Schulzentrums sicher nicht weichen, sagte Höfer auf Nachfrage und widersprach damit Grünen-Fraktionssprecher Christian Wolf. Egal, ob Abriss oder Generalsanierung: Der Unterricht müsste weitergehen. Doch auf die Frage, wohin man räumlich ausweichen könnte, wollte Höfer "keine pauschale Antwort" geben.

Er sah in der "Wein-Wanderung" des Elternbeirats zu den neuralgischen Punkten des Schulzentrums und in der anschließenden Diskussionsveranstaltung keinen "Aufstand der Eltern". Höfer hatte sich Einiges anhören müssen: "Eltern sind immer vehement und kämpfen für ihre Kinder. Und wenn es um Kinder geht, dann kochen die Emotionen hoch. Das ist nichts Neues. Aber ich nehme das ernst." Deshalb habe es für ihn keinen Zweifel gegeben, sich der Diskussion zu stellen.

Höfer glaubte auch nicht, dass der Abend in Zusammenhang stand mit der Bürgermeisterwahl am 1. Dezember, bei der er wieder antritt: "Das war keine Taktik der Schule oder der Eltern." Angesichts ihres Verweises auf Fehler in der Kommunikation gab sich Höfer selbstkritisch: "Das ist mit Sicherheit richtig, und es tut mir leid." Mit der neuen Arbeitsgruppe sei man aber auf einem guten Weg: "Hier können wir über alles reden."

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung