Schriesheim im Bild 2023

19.05.2015

Schriesheim: Zwei Fahrrad-Aktionen zur gleichen Zeit

Während am Rathaus der Fahrradflohmarkt der Grünen über die Bühne ging, wurde vor dem Haus der syrischen Flüchtlinge geschraubt

Von Carsten Blaue

Schriesheim. Schon am Anfang ist viel Betrieb und die Auswahl noch am größten. Ganze Familien sind da. Fahrräder aller Art und in jeder Größe sind zu haben. Vom Laufrad für die Jüngsten bis hin zum Damenrad mit Kindersitz für junge Mütter. Dazwischen stehen Tretroller, Kinder- und Jugendräder, kleinere Mountainbikes oder Anhänger für den Transport des Nachwuchses. Selbst ein grüner Bagger mit gelber Schaufel und ein knallroter Ferrari-Rennwagen haben sich am Samstagvormittag auf den Fahrradflohmarkt der Grünen Liste vor dem Rathaus verirrt. Allerdings handelt es sich dabei nicht um Exemplare mit Motor, sondern mit Pedalen zum Treten. Also passen sie doch irgendwie hierher.

Die Preise orientieren sich am Zustand der Räder. Manche sehen schon arg klapperig aus, was allerdings wenig über ihre Verkehrstüchtigkeit aussagt. Das gilt umgekehrt übrigens auch für Exemplare, die dem Augenschein noch ganz ordentlich sind: "Und trotzdem kann man daran nichts mehr machen, weil die Schaltung total verbogen ist", sagt Uwe Ascherl mit Kennerblick.

Der Mann von "Bike im Bahnhof" aus Weinheim ist da, um ausrangierte "Fahrräder für Afrika" zu sammeln. Genauso wie der "Radhof Bergheim" und "Bike im Bahnhof" Heidelberg gehört Ascherls Laden zum Verein zur beruflichen Integration und Qualifizierung (VBI), der seinen Sitz ebenfalls in Heidelberg hat. In den Läden werden Langzeitarbeitslose wieder an das Arbeitsleben herangeführt, indem sie Fahrräder reparieren, die anschließend gebraucht verkauft werden. Auch zum ganz besonders günstigen Preis an Bedürftige.

Das gleiche Prinzip liegt der Fahrradsammlung für den "Radhof" im südafrikanischen Ratanda bei Johannesburg zugrunde. Jene ist ein Projekt der drei VBI-Radläden: "Wir schaffen durch den Laden dort mehr Mobilität und Selbstständigkeit", so Ascherl. Jedes Jahr werden rund 300 Räder samt Ersatzteilen auf die Reise geschickt. Unrepariert: "Die sollen da unten ja auch was zu tun haben", grinst Ascherl.

Jetzt ist sein Lastwagen auch schon wieder halb voll gestapelt bis unter die Decke des Laderaums, als Gerhard Treiber mit seinem roten Weinbergschlepper anrollt. Auf dem Anhänger hat er noch ein paar Fahrräder, die er Ascherl schenken will: "Denn für den Sperrmüll sind sie zu schade." Auch Stadtarchivar Dr. Dirk Hecht kommt mit seinen Jungs vorbei und gibt ein gut erhaltenes Kinderrad für den guten Zweck ab.

Ebenso bemerkenswert ist die Aktion, die sich zufällig zeitgleich zum Fahrradflohmarkt im Kleinen Mönch 5 abspielt. Die Auffahrt vor dem Haus, in dem die syrischen Flüchtlinge wohnen, gleicht einer Fahrrad-Werkstatt im Freien. Auch hier Räder jeder Größe, vor allem Exemplare für die Kinder, und jede Menge Ersatzteile. Bernd Böttinger, Kreissozialleiter des Roten Kreuzes, schwitzt: "Die Fahrräder waren einfach da." Gespendet wurden sie, und als das Rote Kreuz mit den Flüchtlingskindern zum Fahrsicherheitstraining in Mannheim war, "da merkten wir, dass die Räder überprüft gehören", so Böttinger. Daraus wird schließlich die Gemeinschaftsaktion am Samstag, die Fadime Tuncer vom Kreis der Ehrenamtlichen koordiniert hat. Helfer und gerade auch die Syrer selbst packen kräftig mit an.

Böttinger sagt, der Schriesheimer Radladen "Cyclomanix" habe die Ersatzteile zum Selbstkostenpreis zur Verfügung gestellt: "Vorher brauchten wir aber erst mal eine Bestandsaufnahme, und die hat gedauert." Unverzichtbar als Schrauber und Koordinator ist dabei Andreas Hartmann.

Reifen werden gewechselt, Sättel eingestellt, Gangschaltungen justiert: "Wir reparieren, was wir können. Viele Räder sind aber einfach zu kaputt", so Bötticher: "Ersatzteile können wir immer gut gebrauchen. Wer aber künftig ein Fahrrad spenden möchte, der sollte darauf achten, dass es noch verkehrstüchtig ist."

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung