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05.01.2016

CDU Schriesheim: "Es wird spürbare Einschnitte geben"

RNZ-Jahresgespräche 2015 mit Fraktionssprechern, heute: Michael Mittelstädt (CDU) - Über Finanzen, Plätze und Streitthemen

Von Carsten Blaue

Schriesheim. Michael Mittelstädt (CDU) stand der RNZ im Jahresgespräch Rede und Antwort. Darin bezieht er auch Position zu den anstehenden Großprojekten und begründet, warum ihm die Arbeit als Fraktionssprecher "Laune" macht.

Herr Mittelstädt, "Konsens" war das Wort, das die Gemeinderatsarbeit im Jahr 2015 prägte. Gibt es denn gar keine kommunalpolitische Kontroverse mehr im Gemeinderat?

Doch, aber wir brauchen bei den großen Themen die breite Mehrheit des Gremiums, weil wir sie gemeinsam tragen müssen. Es geht um sachorientierte Entscheidungen. Bei Fragen wie dem Bestattungswald, Fotovoltaik auf Altstadtdächern oder der Windkraft können wir kontrovers sein, und da sind wir es dann ja auch.

Bürgermeister Hansjörg Höfer sprach von einem erfreulichen Jahr 2015 für Schriesheim. Wie sehen Sie es?

Ich bin nicht ganz so zufrieden. Und wenn laut Herrn Höfer die Sanierung der Heidelberger Straße die größte Errungenschaft des Jahres gewesen sein soll, dann frage ich mich wirklich, warum wir uns im Arbeitskreis Zukunftsfähige Schularchitektur so bemüht haben. Die Ergebnisse, die wir hier erzielt haben, sind doch weit höher einzuschätzen. Außerdem wurde die Planung für den Kindergartenneubau in der Kurpfalzstraße abgeschlossen, und an die Verwaltung ging der Auftrag aus dem Arbeitskreis mit Feuerwehr und beteiligten Gemeinderäten, eine Erweiterung der Feuerwehr mit einer Überbauung des Kanzelbachs zu prüfen.

Moment! Der Bürgermeister präferiert einen Neubau.

Klare Präferenz aus dem Arbeitskreis war aber, eine Erweiterung zu prüfen.

Dazu sagt Höfer, dass der Festplatz auf diese Weise sehr stark überbaut würde.

Da muss ich widersprechen. Die uns im Arbeitskreis vorgestellte Erweiterung würde nicht über das jetzige Toilettenhaus hinausgehen. Außerdem ist das doch auch eine Kostenfrage. Wenn der Bürgermeister von fünf bis sieben Millionen Euro für einen Neubau spricht, dann ist das nur ein Bruchteil. Es kommt ja noch die Ausstattung dazu.

Sicher haben Sie auch etwas dagegen, dass der Bürgermeister die Container für die Kindergartenkinder der "Kinderschachtel" auf die Hirschberger Straße stellen möchte, wenn ihr Kindergarten neu gebaut wird.

Nein, habe ich nicht! Diese Frage ist völlig offen. Sicher wird man die Hirschberger Straße wegen der Baustelle temporär sperren müssen. Man könnte die Zufahrt zum Schulzentrum so lange über die Max-Planck-Straße führen und die Einbahnstraßenregelung umkehren. Man könnte die Container aber auch auf die Schulparkplätze oder an die Schulturnhalle stellen. Hier zeigt sich doch schon, dass wir alle Maßnahmen, die anstehen, in einem Gesamtkontext sehen müssen. Brauchen wir Container zum Beispiel auch für die Grundschulkinder, wenn ihre Schule neu gebaut wird? Und wo machen diese Container Sinn? Müssen wir sie kaufen, oder mieten wir sie? Wir brauchen ein Forum, in dem wir das alles im Gesamtzusammenhang besprechen können.

Am 30. Januar wird es doch eine Klausurtagung geben, bei der eine zeitliche Priorisierung der großen Projekte abgesteckt werden soll.

Ach, die Forderung nach Prioritäten gibt es doch schon seit fünf Jahren! Ich habe meine berechtigten Zweifel, dass wir am 30. Januar echte Ergebnisse erzielen können. Ein Tag reicht nicht, um sich Bauzeiten, Finanzierungen oder die Abhängigkeiten der großen Baumaßnahmen wie Schule, Kindergarten und Feuerwehr vorstellen zu lassen. Wir müssen das in Ruhe diskutieren können. Die einzelnen Szenarien bauen aufeinander auf. Das muss man sauber darstellen und auf eine Zeitachse legen. Mehr kann man dazu heute noch nicht sagen, aber der Ball liegt jetzt bei der Verwaltung und ich lasse mich gerne positiv überraschen, wenn wir das Konzept im Januar vorgestellt bekommen.

Gut, dann einfach gefragt: Kann der neue Kindergarten in der Kurpfalzstraße Ihrer Meinung nach 2016 abgerissen und ab 2017 neu gebaut werden?

Wenn die Finanzierung sauber dargestellt wird, dann kann ich mir das vorstellen. Es führt kein Weg an diesem Neubau vorbei. Alles andere steht aber in den Sternen.

Das klingt alles sehr offen und wenig konkret.

Weil zukünftige Haushalte unserer Stadt nur dann genehmigungsfähig sein werden, wenn klar ist, wie es auch mit den anderen Maßnahmen weitergeht. Im Moment sind die Haushalte dieser Stadt doch nur Jahrespläne. Wenn aber klar wird, was in den nächsten zehn bis 15 Jahren auf uns zukommt, wenn die Haushalte wirklich auf einander aufbauen werden, dann werden wir schnell sehen, was wann machbar ist. Dann wird es auch die spürbaren Einschnitte geben, von denen wir bislang nur gesprochen haben. Wir werden dann erkennen, was wirklich notwendig ist - und wann wir es realisieren können.

Der Zehntkeller wird aber komplett saniert und bekommt mehr als nur einen zweiten Notausgang.

Weil dieses Projekt eben nicht nur wünschenswert ist, sondern notwendig. Denn der Zehntkeller ist unser Aushängeschild und stellt etwas dar. Viel schlimmer wäre es also, wenn er nicht mehr nutzbar wäre.

Ein konkretes Ergebnis des Jahres 2015 war, dass die Arbeitsgruppe Zukunftsfähige Schularchitektur einen Neubau der Kurpfalz-Grundschule und eine Sanierung mit teilweisem Neubau des Gymnasiums vorgeschlagen hat...

Mein Eindruck war, dass wir nicht unbedingt ein neues Schulzentrum brauchen, aber dass die Eltern wissen wollen, wie es mit den Sanierungen weitergeht und was wir uns wann mit welchen Mitteln leisten können.

Warum hat die Arbeitsgruppe für die Realschule keine konkrete Handlungsoption empfohlen?

Weil es hier noch zu viele Möglichkeiten gab. Außerdem ist alles auch eine Frage der Entwicklung bei den Schülerzahlen. Überhaupt steht doch alles unter Finanzierungsvorbehalt. Zehn Millionen Euro für die Grundschule wären doch nur der erste Schritt.

Kommen wir zu konkreten Maßnahmen des Jahres 2015. Bei der Sanierung der Heidelberger Straße fehlt nur noch die Ausweisung der Parkplätze. Aber warum hat zum Beispiel die CDU da keinen Druck gemacht?

Glauben Sie mir: Wir haben es oft genug angesprochen. Von Anfang an. Aber die Verwaltung wollte erst mit den Geschäftsleuten sprechen. Fest stand für uns, dass es keine Option gewesen wäre, hier keine Parkplätze auszuweisen. Man muss für Erledigungen kurz halten können. Übrigens ist faszinierend, dass hier im Moment, von der Talstraße aus gesehen, alle nur links parken.

Streitpunkt des Jahres 2015 war auch die Windkraft. Auf der Hohen Waid und unweit des Langen Kirschbaums wurden vom Nachbarschaftsverband Konzentrationszonen ausgewiesen. Wie steht die CDU dazu?

Wie die Windkraft als Allheilmittel für die Energiewende etabliert werden soll, passt uns nicht. Windkraftanlagen sollten nur dort zum Einsatz kommen, wo sie ökologisch vertretbar und ökonomisch sinnvoll sind. Auf unserer Gemarkung habe ich diesbezüglich meine Zweifel.

Die CDU war auch gegen den Antrag der Grünen, im Schriesheimer Forst einen Bestattungswald einzurichten.

Grundsätzlich haben wir gar nichts gegen einen Bestattungswald, und wir würden das Thema gerne etwas weniger emotional diskutieren. Für uns ist die Frage, ob es sich dabei um eine Einnahmequelle handelt, die uns mehr Geld einbringt als die Forstwirtschaft und unser Defizit nicht erhöht - immerhin binden wir uns für 99 Jahre. Diese Informationen gab die Verwaltungsvorlage nicht her. Vor allem nicht die Zahlen. Grundsätzlich sollte aber über das Thema Friedhof, in Bezug auf Satzung und Gestaltung, auch unter Berücksichtigung eines möglichen Bestattungswaldes gesprochen werden.

Der Schillerplatz und Altenbachs Ortsmitte wurden eingeweiht, der Platz vor der evangelischen Kirche ist bald fertig. Gefallen Ihnen die Ergebnisse?

Es sind gute Maßnahmen. Von Auswärtigen höre ich viel Positives über die neuen Plätze. Sogar die Bebauung auf dem ehemaligen OEG-Areal wird oft gelobt. Wir Schriesheimer sind hier eben noch anderes gewohnt. Auf jeden Fall kann man sich auf den neuen Plätzen in Altenbach und Schriesheim wohl fühlen. Und zu den Cortenstahltoren am Schillerplatz kann man stehen wie man will.

Ein Reizthema im vergangenen Jahr war der Laubelt. Der Gemeinderat beschloss entgegen der Verwaltungsvorlage, ihn nicht ganz für den Verkehr zu schließen, sondern als Notabfahrt zu belassen. Die richtige Entscheidung?

Ich habe die Hoffnung, dass es die richtige Entscheidung war, und ich habe das Gefühl, dass der Laubelt seitdem nicht mehr so stark befahren wird. Außerdem haben wir von der CDU diesen Kompromiss ja auch schon im Vorfeld der Entscheidung zu forcieren versucht.

Zum Schluss: Wie steht es um das Klima in der CDU-Fraktion?

Ich fühle mich in der Fraktion sehr wohl. Wir haben als gute, junge Truppe zusammengefunden. Wir haben eine offene, auch kontroverse Streitkultur. Mir macht die Arbeit als Fraktionssprecher auf jeden Fall Laune.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung