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28.05.2016

Der lange Weg zum Schriesheimer Branichtunnel: 2008 gab es die Bauzusage

Von Carsten Blaue

Schriesheim. Bürgermeister Hansjörg Höfer ließ die Landesfahne hissen, Werner Merkel von der BI Talstraße kamen die Tränen, und die Sektkorken knallten: Am 22. Januar 2008 verkündete der damalige Ministerpräsident, Günther Oettinger (CDU), dass der Branichtunnel in das Sonderprogramm für Großprojekte im Landesstraßenbau aufgenommen worden sei. Die Nachricht verbreitete sich schnell in der Stadt, und abends standen die Anwohner bei einem spontanen Treffen auf der Talstraße vor dem Haus der Merkels, um auf den Erfolg anzustoßen, der auch ihrer war. Schließlich hatte die BI seit ihrer Gründung im Jahr 1973 für den Tunnel mitgekämpft, dafür gesorgt, dass das "Problem Talstraße in die Köpfe kommt", wie es BI-Sprecher Wilhelm Weidner an diesem Abend formulierte.

Dennoch waren manche noch immer skeptisch. Zu viele Rückschläge, Enttäuschungen und Widerstände hatte es auf dem langen Weg zum Branichtunnel gegeben. Aber der hiesige CDU-Landtagsabgeordnete, Georg Wacker, sprach Klartext: "Es gibt kein Zurück mehr". Wacker hatte es übrigens schon seit dem 9. Januar gewusst. Seinem Geburtstag, an dem ihm Oettinger zugesteckt hatte, dass die Chancen für den Branichtunnel gut seien. Aber der Landesvater wollte die für die Weinstadt historische Nachricht lieber selber in der Landespressekonferenz verkünden. Wackers Freude und Zufriedenheit tat das keinen Abbruch: Über so ein Projekt könne sich ein Abgeordneter in seinem Wahlkreis "nur einmal in 100 Jahren freuen".
Freude auch bei Alt-Bürgermeister Peter Riehl. Bevor er abends zur kleinen Feier in der Talstraße stieß, hatte er noch mit Wolfgang Daffinger telefoniert. Dieser war in seiner Zeit als SPD-Landtagsabgeordneter stets ein Unterstützer Riehls im Kampf um den Tunnel gewesen. Natürlich fielen die Reaktionen in der Stadt auf die gute Nachricht aus Stuttgart einhellig positiv aus. "Ich habe richtig Gänsehaut. Das ist ein großer Tag für die Stadt, der Beginn einer neuen Zeitrechnung", sagte Höfer. Von einem "Freudenfest" sprach der damalige CDU-Fraktionssprecher Siegfried Schlüter, während sein Kollege der Freien Wähler, Friedrich Ewald überrascht war vom Zeitpunkt der "erfreulichen Nachricht": "Das scheint ja in Riesenschritten voranzugehen." Die weit reichenden Konsequenzen für die Stadtentwicklung sprach SPD-Fraktionschef Hans-Jürgen Krieger an. Er sah wesentliche Verbesserungen für die Wohn- und Lebensqualität in Schriesheim. Dass der Branichtunnel Verkehrsprobleme löse, aber auch neue bringe, glaubte Christian Wolf von den Grünen und sprach von einem "Jahrhundertprojekt".

Auch für die Feuerwehr war der 22. Januar 2008 ein Startschuss: "Wir müssen jetzt voll in die Einsatzplanung einsteigen und Tempo machen", sagte Kommandant Oliver Scherer. Selbst darüber, wie der Tunnel das Geschäftsleben verändern kann, wurde schon an diesem Tag nachgedacht. Vorausschauend sagte seinerzeit BDS-Vorsitzender Horst Kolb, dass Schriesheim als Einkaufsstadt negativ tangiert sein könne - aber nicht unbedingt müsse. Er sah sogar mögliche Verbesserungen, würden die Kunden durch den Verkehr in der Talstraße doch nicht mehr so "gestresst". Die guten Entwicklungschancen für das Steinachtal, für Wilhelmsfeld und Schönau bezog Landrat Dr. Jürgen Schütz in seine ersten Überlegungen mit ein. Die neue, schnelle Verbindung zur Autobahn werde es möglich machen. Also sei der Branichtunnel gut für den gesamten Rhein-Neckar-Kreis.

Das von Oettinger an jenem Tag angekündigte Sonderprogramm hatte ein Volumen von 60 Millionen Euro, verteilt auf die Jahre 2008 und 2009. Bei (damals) geschätzten 62 Millionen Euro Baukosten für den Tunnel wäre das fast hingekommen. Doch viel wichtiger war für die Schriesheimer, wann es denn losgehen würde mit dem Bau. Allzu lange mussten sie nicht mehr warten. Am 17. November des gleichen Jahres erfolgte an der Leutershäuser Straße der Erste Spatenstich.
Hintergrund

Kein Bauprojekt in Schriesheims Geschichte ist bedeutender, größer und teurer: 92 Millionen Euro wird der Branichtunnel am Ende kosten. Am 19. Juni soll er für den Verkehr freigegeben werden. Tags zuvor wird die Vollendung der 1796 Meter langen Röhre und ihrer Zufahrten gefeiert. Bis dahin blickt die RNZ in einer Artikelserie zurück, skizziert "den langen Weg zum Tunnel". Darin geht es um die Vorgeschichte ebenso wie um die einzelnen Bauphasen und Kurioses am Rande. cab

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung