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26.06.2016

Schriesheim: Krach im Gemeinderat wegen Anschlussunterbringung im Dossenheimer Weg

Schriesheim. (cab) Die Stadt rechnet damit, dass ihr dieses Jahr insgesamt 79 Flüchtlinge für die Anschlussunterbringung zugewiesen werden. Nächstes Jahr sind es nach Aussage des Rhein-Neckar-Kreises etwa 150 Personen. Für sie braucht man ein geeignetes Dach über dem Kopf. "Das ist ein großer Kraftakt", sagte Bürgermeister Hansjörg Höfer im Gemeinderat. Nach Aussage der städtischen Integrationsbeauftragten, Isabel Herschel, leben derzeit schon 20 Flüchtlinge in der Anschlussunterbringung in Schriesheim - 13 davon in Wohnungen, die die Verwaltung angemietet hat, weitere sieben in städtischem Wohnraum in Altenbachs Oberer Kippstraße sowie in der Straße In den Fensenbäumen. Zudem will die Verwaltung ihr Gebäude im Altenbacher Abtsweg mit etwa 20 Personen belegen. Im Herbst sollen darüber hinaus zwei weitere städtische Wohnungen im Burgweg und erneut in der Oberen Kippstraße renoviert sein und zur Verfügung stehen. Zudem stehen die Privatadressen Porphyrstraße 5 und Talstraße 155 im Raum.

Nach dem Beschluss des Gemeinderats vom Mittwoch wird die Stadt ab 1. Oktober auch die Immobilie im Dossenheimer Weg 68 anmieten, und das für fünf Jahre. Der Mietpreis wurde in der Sitzung auf Wunsch des Vermieters nicht mitgeteilt. Nach einem Umbau sollen hier weitere 30 Flüchtlinge Platz finden. Was Fadime Tuncer (Grüne) in der Aussprache des Gremiums nicht gefiel. "Wir wollten keine weitere Unterkunft im Gewerbegebiet", sagte sie. Schon gar nicht für die Anschlussunterbringung. Hier müsse man andere Maßstäbe ansetzen, "und der Maßstab heißt Integration." Dem Integrationsgedanken laufe eine solche Unterkunft im Dossenheimer Weg 68 aber zuwider. Hier würde eine neue schlechte Lage entstehen, die nach fünf Jahren von der Stadt zudem nicht für Obdachlose oder sozial Schwache genutzt werden dürfe, weil das im Gewerbegebiet nicht erlaubt sei. Die Verlagerung von einer Sammelunterkunft in die nächste, das sei keine Anschlussunterbringung, so Tuncer.

Jetzt müsse er erst mal durchatmen, schnaubte Michael Mittelstädt (CDU). Tuncers Aussagen seien "heuchlerisch": "Sie und Herr Wolf kamen doch mit dem Vorschlag für einen Neubau im Gewerbegebiet für 30 bis 40 Leute!". Wer sehenden Auges in die Probleme hineinrennen wolle, der könne ja so etwas tun. Tatsache aber sei, dass die Stadt dafür keine Zeit habe. Wenn der Standort im Dossenheimer Weg auch nicht ideal sei: "Wir können der Situation damit Herr werden."

In der Not müsse man zugreifen, nickte Heinz Kimmel (FW). Doch auch er hielt die Immobilie nicht für das "Nonplusultra". Dem schloss sich Marco Ginal (SPD) an. Gerade der Standort sei nicht optimal. Aber ein Mietverhältnis sei flexibel, die Mietdauer überdies begrenzt. Außerdem werde das Lager des Anwesens dringend vom Bauhof gebraucht.

"Wir vermeiden Massenunterkünfte", stellte Ginal grundsätzlich fest. Das liege vor allem an der guten Arbeit der Standortfindungskommission. Dass deren Konzept der Öffentlichkeit noch nicht vorgestellt worden sei, man aber bereits über den Dossenheimer Weg 68 rede, sei ungünstig. Anders als Tuncer ging er davon aus, dass man die Immobilie später auch für die Unterbringung von Obdachlosen umwidmen könne. Wolfgang Renkenberger (FDP) betonte, man brauche eine schnelle Lösung. Also war auch er für die Anmietung.

Danach konnte Grünen-Fraktionssprecher Christian Wolf auf Mittelstädts Rede reagieren. Dieser sei sprachlich "entgleist", so Wolf: "Und das ist bei diesem wichtigen Thema bedauerlich." Tuncer argumentiere aus Erfahrungen der Flüchtlingshilfe. Zudem habe die Verwaltung das Neubauvorhaben vorgeschlagen, nicht die Grüne Liste. Wolf sagte zu Mittelstädt: "Wir akzeptieren Eure Meinung, akzeptiert auch unsere! Wir wollen eine gemeinsame Lösung."

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung