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30.12.2016

Freie Wähler Schriesheim: "Der Schulbauprozess ist nicht am Ende"

Das RNZ-Jahresgespräche mit dem Fraktionsvorsitzenden Heinz Kimmel (FW) - Er rechnet nicht mit dem kompletten Neubau

"Auf jeden Fall hätte der Schulbauprozess für mich eher Priorität als der Kauf von Häusern für die Flüchtlingsunterbringung. Aber das ist nun mal ein Muss", sagt FW-Fraktionssprecher Heinz Kimmel zur Frage der Anschlussunterbringung. Foto: Dorn

Von Carsten Blaue

Schriesheim. Den Schulbauprozess erklärt der Fraktionschef der Freien Wähler (FW), Heinz Kimmel, zwar nicht für tot. Die Chance für eine Umsetzung sieht er in den kommenden fünf Jahren aber auch nicht. Zudem begründet er im RNZ-Jahresgespräch sein Nein zu einem Bestattungswald und die Absage seiner Wählervereinigung an die Windkraft an der Bergstraße. Gleich eingangs erläutert Kimmel, warum der Abschied von Dieter Knopf aus dem Gemeinderat auch eine gute Seite hatte.

Herr Kimmel, noch zum Jahresende mussten Sie Dieter Knopf aus Ihrer Fraktion verabschieden. Für Sie war das nicht leicht, stimmt’s?

Er wollte ja eigentlich schon etwas früher ausscheiden, aber wir haben ihn noch mal überredet. Mir persönlich tat sein Abschied schon weh. Aber es hat auch eine gute Seite. Sein Nachrücker, Bernd Hegmann, hat bis zur nächsten Kommunalwahl genug Zeit, sich zu positionieren. Das ist wichtig, wenn Einige bei uns nicht mehr antreten.

Einige gleich?

Also über andere kann und will ich eigentlich nicht reden. Aber ich habe ja schon früh gesagt, dass ich nicht mehr kandidiere. Unsere jungen Leute müssen sich eigentlich jetzt schon anstrengen. Sie sind sehr gut und haben Ideen. Aber sie sind noch zu wenig bekannt in der Stadt.

Der Tunnel ist auf. Wie bewerten Sie die Situation in der Innenstadt?

Dass sie veröden könnte, war für mich nie eine Sorge. Ein Kollege von mir aus Birkenau hat damals unter der Eröffnung des Saukopftunnels auch nicht gelitten. Aber die Geschäfte in der Heidelberger Straße müssen schon auf ihr Äußeres schauen und nicht immer nur nach der Stadt oder mehr Parkplätzen rufen. Zum Teil ist es schon geschehen, aber ein bisschen mehr Grün würde alles auflockern.

Und die Talstraße?

Die ist kaputt und muss natürlich gemacht werden. Mir wäre es schon recht, wenn das Land so eine Maßnahme ganz bezahlen könnte. Da das nicht gehen wird, muss der Bürgermeister das Bestmögliche herausholen. Die Ausweitung des Sanierungsgebiets haben wir gerne mitgetragen, weil wir schon in der Ladenburger Straße gesehen haben, wie gut so etwas angenommen wird.

Für Bürgermeister Höfer hat der Schulbauprozess noch immer Priorität, obwohl hier nichts passiert. Für Sie auch?

Auf jeden Fall hätte der Schulbauprozess für mich eher Priorität als der Kauf von Häusern für die Flüchtlingsunterbringung. Aber das ist nun mal ein Muss. Außerdem kommt einem doch ständig etwas dazwischen: Früher war es mal die PCB-Sanierung, jetzt sind es der Hort und der Kindergarten. Für mich ist der Schulbauprozess nicht am Ende, aber in den nächsten fünf Jahren wird da nichts passieren. Keine Chance, viel zu teuer! Ob die Pläne, die wir jetzt in der Hand haben, bis dahin noch relevant sind, bezweifle ich allerdings. Außerdem haben wir für einen kompletten Neubau auch nicht das Gelände. Wir werden also sanieren müssen - über die jährlichen Reparaturen hinaus. Wir müssen an dem Thema dranbleiben.

Aber jetzt geht es erst mal um die Anschlussunterbringung der Flüchtlinge...

Wobei ich nicht weiß, wo die alle hin sollen. Wir können nicht einfach für viele Millionen Häuser kaufen. Und außerdem muss bei der Wohnqualität für die Flüchtlinge auch Augenmaß bewahrt werden.

Obwohl Sie vehement gegen die Modalitäten zur Bezuschussung des öffentlichen Bahnverkehrs nach Kilometerleistung gesprochen haben, die auf der jeweiligen Gemarkung zurückgelegt wird, gab es auch von den Freien Wählern nur Enthaltungen und keine Ablehnung bei der Abstimmung des Zuschusses für die RNV-Linie 5. Warum?

Weil es eine Abwägung war. Wir wollten ein Zeichen setzen! Wir konnten nicht recht sehen, welche Folgen das haben würde für die Kunden. In der Kommission des Landrats sitzen ja auch Personen von weit her. Die wissen teilweise gar nichts über Gemarkungsgrenzen hier bei uns. Wir wollen, dass die Nutzerzahlen in die Berechnung einbezogen werden. Deswegen gibt es von uns das nächste Mal ein klares Nein, wenn sich da jetzt nichts bewegt. Das war unser letztes Zugeständnis. Zumal auch der Busverkehr von Jahr zu Jahr teurer wird. Das darf man nicht vergessen.

Klarer war Ihr Nein zu einem Bestattungswald.

Weil ich davon überzeugt bin, dass wir einen solchen Wald bei uns nicht brauchen. Auf den Friedhöfen gibt es doch so viele freie Flächen wie nie! Auch in Heidelberg oder Mannheim, weil die Bürger einfach nicht mehr so große Gräber nehmen. Wir hätten eigentlich schon damals die Erweiterung nicht gebraucht, aber das war seinerzeit noch nicht absehbar.

Und dennoch stehen 35.000 Euro im Haushaltsentwurf für ein neues Grabfeld...

Damit wir möglichst naturnahe Bestattungen anbieten können. Das Konzept habe ich Ihnen dieses Jahr vorgestellt. Es kommt der Nachfrage einer neuen Bestattungskultur entgegen, die ein naturbelassenes Umfeld sucht. Außerdem wäre auf dem Friedhof noch dazu Barrierefreiheit gegeben. Im Wald nicht.

Braucht Schriesheim eine große Flurneuordnung im Mergel?

Von uns zumindest war es so nie gedacht. So wie im Kuhberg oder am Schlossberg sollte es nicht werden. Es geht darum, dass die Grundstücke für ihre Besitzer auf befestigten Wegen zugänglich sind und keiner mehr über das Grundstück des Nachbarn muss.

Bislang haben sich nur die Grünen dieses Themas öffentlich angenommen...

Das kam zu früh, weil es ja noch gar keinen richtigen Plan gibt. Der Entwurf ist nur das Ergebnis der Workshops, und da waren gar nicht alle Grundstückseigentümer dabei. Es gibt Verpächter, die wohnen auswärts. In Frankfurt etwa oder sogar in den USA. Die muss man erst mal alle finden und dann sehen, wer überhaupt mitmachen würde bei einer Flurneuordnung.

Haben sich die Freien Wähler beim Laubelt nur so schwer getan, weil Ihr Fraktionsmitglied Wolfgang Metzger auf dem Branich das Heinrich-Sigmund-Gymnasium leitet?

Nein, natürlich nicht. Wir haben uns ja mit beiden endgültigen Lösungen schwer getan. Zuerst mit dem Offenlassen, dann mit dem Schließen. Deshalb waren wir es, die die Initiative zu der Studie gegeben haben, die die Möglichkeiten eines Ausbaus des Wirtschaftswegs zur Straße darstellen sollte. Danach wurde das Für und Wider teilweise zu emotional diskutiert. Daher trugen wir den Kompromiss gerne mit, es in einer Testphase mit den Leitboys zu probieren. Es stimmt, dass Dr. Wolfgang Metzger die Stellungnahmen unserer Fraktion dazu abgab. Aber in der zweiten Runde der Aussprache habe ich damals den Schlusssatz gesagt: "Wenn sich die wenigen Bürger nicht daran halten, dann müssen wir den Laubelt zu machen." Die jetzige Lösung ist gut. Die Feuerwehr kann die Poller jederzeit öffnen.

Wie stehen Sie zur Windkraft an der Bergstraße?

Die lehnen wir komplett ab. Wir müssen hier keine Konzentrationszonen ausweisen. Warum denn wir? Heidelberg ist doch auch raus! Wir haben den aufwendig gestalteten Blütenweg als touristische Attraktion eingeweiht. Unsere Flächen liegen obendrein in Naturschutzgebieten. Und in Norddeutschland zahlt der Staat noch Geld, um Strom zu verkaufen!

Welches Anforderungsprofil haben Sie für die künftige Bauamtsleitung?

Zunächst: Markus Foltin hat uns sehr gut gefallen. Er hat sich gekümmert, alles sehr gut erklärt, und er drängte sich auch nicht auf jedes Foto in der Zeitung. Der oder die Neue muss zugänglich sein, Hoch- und Tiefbau gleichermaßen beherrschen und Erfahrung mitbringen.

Letzte Frage: Bürgermeister Hansjörg Höfer ist 2016 seit zehn Jahren im Amt. Ihre Zwischenbilanz?

Wir haben eine konstruktive Zusammenarbeit. Manchmal sucht er sogar außerhalb der Gemeinderatsarbeit meinen Rat, und das verfolgt er dann weiter. Da hat er sich entwickelt. Er sollte seine Positionen klarer vertreten. Und dabei will ich es belassen.

Die Reihe der kommunalpolitischen Jahresgespräche wird am kommenden Dienstag, 4. Januar 2017, mit SPD-Fraktionssprecher Rainer Dellbrügge fortgesetzt.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung