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01.02.2017

Schriesheimer Illusionist "Mr. Joy": Besucher durften staunen und genießen

Schriesheimer Illusionist "Mr. Joy" begeisterte in der ausverkauften evangelischen Kirche - Freiwillige zauberten unbewusst selbst

Liebe Gemeinde, ich habe die Assistentin geschrumpft: "Mr. Joy", alias Karsten Strohhäcker (r.), illustrierte mit seiner Show auf beeindruckende Art biblische Botschaften. In diesem Fall die Aufforderung Jesu: "Werdet wie die Kinder." Foto: Dorn

Von Frederick Mersi

Schriesheim. Gespannte Erwartung herrscht an diesem kalten Freitagabend vor der evangelischen Stadtkirche: Die Menschenmenge, die dort auf den Einlass zur Zaubershow wartet, ist so groß, dass sie in der als Spielstraße ausgewiesenen Kirchstraße praktisch verkehrsberuhigend wirkt. "Jeden Sonntag ist es hier vor dem Gottesdienst genau so voll", scherzt ein Besucher.

Um 18.30 Uhr dürfen zuerst die Kinder in die Kirche: Sie sollen gut sehen können, wie Karsten Strohhäcker, alias "Mr. Joy", im Altarraum zaubert - oder zumindest so tut, als ob er es könnte. Nach einem pompösen Intro mit basslastiger Musik und ein wenig Jonglage fragen sich einige der 350 Besucher zwar schon, ob sich der Besuch wirklich lohnt.

Zauberei wurde zur Predigt

Doch im Nachhinein wirkt die vergleichsweise unspektakuläre Anfangsnummer wie ein kalkuliertes Understatement. Strohhäcker sagt: "Wir treffen jetzt ein Gentleman Agreement: Ich tue so, als ob ich zaubern könnte, und Ihr tut so, als könnte ich es." Er zerreißt eine Zeitungsseite deutlich sichtbar in immer kleinere Stücke, nur um sie unversehrt wieder auseinanderzufalten. Die ersten Münder bleiben offen stehen.

Was in den nächsten knapp 90 Minuten folgt, ist eine begeisternde und kurzweilige Mischung aus Zauberei, viel Selbstironie, ein bisschen Slapstick und einer Predigt. "Wir müssen werden wie die Kinder", ist eine von Strohhäckers Bibel-Botschaften. Sichtbar gemacht wird diese durch Assistentin Jana Behr, die Strohhäcker mühelos auf Schuhkartongröße schrumpft.

Aus dem Publikum holt sich "Mr. Joy" immer wieder (mehr oder weniger) freiwillige Helfer auf die Bühne, die dann selbst zaubern dürfen - ohne es zu merken: Die 13 Jahre alte Helen zum Beispiel teleportiert mit einem einfachen Schnipsen eine Spielkarte mit Strohhäckers Autogramm über mehrere Meter aus seiner Hand auf ihren eigenen Stuhl.

In der Folge lässt Mr. Joy seine Assistentinnen Jana Behr und Lena Botens so häufig verschwinden und wieder auftauchen, dass Kinder und Eltern mit dem Zählen und Staunen gar nicht mehr hinterher kommen.

Doch die Illusionen sind bei Strohhäcker nur Mittel zum Zweck, um von seinem Glauben zu erzählen und zu kommunizieren: "Wir sind wertvoll, wenn wir kein Zufall sind." Nicht eigene Leistung zählt, sondern allein Gottes Gnade. Das Evangelium erzählt er mit einer unterhaltsamen Jonglage-Einlage mit Bällen und Äpfeln, immer mit einer ordentlichen Portion Humor und Selbstironie.

Bei der Erläuterung von Sicherheitsvorschriften ist das nicht anders: "Wenn bei der Jonglage eine Fackel zu Euch ins Publikum fliegt: Keine Panik, einfach sitzen bleiben und lächeln." Obwohl das Lachen in den ersten beiden Bankreihen bei diesem Hinweis etwas nervös wirkt, verlässt niemand seinen Platz. Denn auch auf dem Einrad behält "Mr. Joy" die Kontrolle - mit einem Freiwilligen auf den Schultern, beim Seilspringen und Jonglieren. Und falls man mal fallen sollte, sagt Strohhäcker, "fällt man nie tiefer als in Gottes Hände".

Als sein Heimspiel nach einer interaktiven Zugabe vorbei ist, erzählen die Kinder ihren Eltern noch einmal begeistert von allen gerade gesehenen Tricks. Wie das alles funktioniert hat, ist den meisten nach ein paar Spekulationen dann auch egal - worin Strohhäcker wiederum eine Parallele zum Glauben sieht: "Man kann sich auch nur auf das verlassen, was man sieht. Aber unser Auge täuscht uns manchmal", sagt er.

Ab und zu sollte man einfach staunen und genießen, so wie Kinder - und die Besucher an diesem Freitagabend.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung