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17.03.2017

Spaß und Schmerz: Schriesheimer Mathaisemarktlauf miterlebt

Ein Erfahrungsbericht: RNZ-Redaktionsmitglied Frederick Mersi startete beim Mathaisemarktlauf

Schriesheim. Den Zieleinlauf 2014 habe ich noch klar vor Augen: Der Sprint über die letzten 200 Meter hat alle verbliebenen Kräfte gefordert, mein Kreislauf will nicht mehr, dafür wollen die zuvor gegessenen Nudeln noch einmal Hallo sagen. Der Tipp der Ersthelfer vom Roten Kreuz: "Trinksch’en Kurzen, dann geht’s wiedda."

2017 soll alles anders werden beim 23. Mathaisemarktlauf, wenn ich für die RNZ an den Start gehe. Meine Zeit über die Zehn-Kilometer-Distanz ist mir dieses Mal egal, der Spaß soll im Vordergrund stehen und das Essen im Magen bleiben. Am Samstagvormittag lacht die Sonne über Schriesheim, die Temperaturen sind frühlingshaft - ideale Bedingungen also.

Die Vorbereitung: Dieses Mal brunche ich um 10 Uhr ausgiebig, vier Stunden vor dem Start. So lautete der Tipp von Christian Alles, der den Lauf mitorganisiert hat. Und so bleibt das Essen vielleicht auch leichter drin. Um 13 Uhr die Laufschuhe anziehen, Funktionsshirt und kurze Sporthose - für lange Sachen ist es definitiv zu warm - und auf zum Unteren Schulhof, um die Startnummer abzuholen. Da auf der Strecke bereits der Jedermannlauf über vier Kilometer stattfindet, führt die Aufwärmrunde durch die Leutershäuser Straße.

Der Start: Kurz vor 14 Uhr drängen die mehr als 400 Läufer auf die Strecke. Es ist unangenehm eng: Man kann sich kaum noch bewegen, ohne anderen auf die Füße zu treten. Die Stimmung reicht von ausgelassener Vorfreude bis zu Unsicherheit und Nervosität. "Bloß nur am Ende nicht wieder zusammenklappen", denke ich. Als die Gashupe ertönt, setzt sich die Menge mit Trippelschritten in Bewegung. Schon auf der Steigung zum Schulhof gibt es gewagte Überholmanöver, glücklicherweise stürzt niemand.

Die erste Runde: In der Oberen Bergstraße muss ich aufpassen, dass ich mir nicht den Knöchel verdrehe. Der Untergrund der Baustelle ist zwar etwas geglättet, dennoch liegt hier und da noch Schotter auf der Laufstrecke. In der Passein hänge ich mich an einen Läufer mittleren Alters vom TSV Rot 05, um einen guten Rhythmus zu bekommen. Immer wieder tauchen bekannte Gesichter am Straßenrand auf - das kann motivieren, aber auch Versagensängste auslösen. Bei mir geschieht beides.

Die zweite Runde: Die Folgen meiner Selbstüberschätzung holen mich ein. Der Läufer vom TSV Rot 05 ist viel zu schnell für mich, allerdings merke ich das erst zu Beginn der zweiten Runde. Vielleicht hätte ich im Vorfeld doch mehr als zweimal trainieren sollen. Die ersten Anfeuerungsrufe verhallen ungehört, das Gehirn schaltet langsam ab. Irgendwie muss man ja Energie sparen. Die Percussion-Gruppe am Schillerplatz nehme ich hauptsächlich noch über die Vibrationen der Basstrommeln in meiner Lunge wahr. Zumindest glaube ich das.

Die dritte Runde: Wenn man schon zur Halbzeit am liebsten aufhören würde, ist das selten ein gutes Zeichen. Die Läufer, die ich am Anfang überholt habe, ziehen jetzt an mir vorbei. Anders als noch in der ersten Runde, kürze ich an jeder Kreuzung über jeden Gehweg ab. Die vermessene Laufstrecke führe zwar über die Straße, disqualifiziert werde man fürs Abkürzen aber nicht, wurde mir vorher versichert.

Die vierte Runde: In der Schulgasse will ich ein paar Meter gehen, dort sind nicht so viele Zuschauer. "Weiter geht’s!", ruft mir ein anderer Läufer zu und schiebt mich vorwärts. Also doch keine Verschnaufpause. RNZ-Fotograf Bernhard Kreutzer nutzt die Gunst der Stunde: Das Bild ist nicht vorteilhaft, aber authentisch - inzwischen sehe ich so aus, wie ich mich fühle. Als ich mich später die Bahnhofstraße hinaufquäle, fährt ein Fahrrad an mir vorbei - kein gutes Zeichen: Ich werde vom Führenden überrundet.

Die letzte Runde: Das Ende ist nah! Und das ist gut so. Ich nutze die Gelegenheit, noch ein paar Kinder am Streckenrand abzuklatschen. Ein ziemlich kümmerlicher Sprint bringt mich als 75. über die Ziellinie, und in meinem Delirium vergesse ich, auf der großen Digitalanzeige nach meiner Zeit (45:23) zu schauen. Egal - irgendwo anlehnen, irgendwas trinken, das Essen im Magen behalten. Blamage abgewendet. Ob Schmerz oder Spaß im Vordergrund stand, kann ich kurz nach dem Rennen nicht mit Sicherheit sagen.

Der Morgen danach: Beim Treppenlaufen brennen die Beine, das Energielevel ist äußerst überschaubar. "Der Schmerz ist der große Lehrer der Menschen", hat eine Novellistin aus Österreich mal gesagt. Ich bin aber nicht sein aufmerksamster Schüler: Nächstes Jahr will ich auf jeden Fall wieder an den Start gehen - und vorher deutlich mehr trainieren.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung