Schriesheim im Bild 2023

17.03.2017

Stuttgarter OB Kuhn schaute bei Schriesheimer "Marktgesprächen" optimistisch nach vorn

Die Bürgerinitiative "Gegenwind" dominierte die anschließende Diskussion.

Von Frederick Mersi

Schriesheim. "Gegenwind ist für uns Grüne besser als Rückenwind", hatte Fritz Kuhn während seiner Rede im Saal des Gasthauses "Zum Goldenen Hirsch" noch gesagt. Dieser zwinge dazu, manche Dinge neu zu justieren. Eigentlich ging es Kuhn dabei um den Negativtrend seiner Partei in den Umfragen. Was der Oberbürgermeister der Landeshauptstadt zu diesem Zeitpunkt vermutlich nicht ahnte, war, dass er Gegenwind bei den "Grünen Marktgesprächen" am Donnerstagabend noch ganz konkret zu spüren bekommen würde: Die gleichnamige Bürgerinitiative, die die Errichtung von Windkraftanlagen an der Bergstraße verhindern will, dominierte nach Kuhns Rede die Diskussion - und hielt sich dabei nicht immer an die Spielregeln.

Dabei war die Windkraft zuvor weder von Fritz Kuhn noch vom Landtagsabgeordneten Uli Sckerl oder der Bundestagsabgeordneten Franziska Brantner erwähnt worden. Sckerl hatte über gesellschaftlichen Zusammenhalt gesprochen und gefordert, als Demokraten "Farbe zu bekennen". Er sei jedes Mal "AfD-geschädigt", wenn er aus dem Landtag komme: "Es ist schwer zu ertragen, was diese Fraktion bringt."

Franziska Brantner hatte danach ein klares Bekenntnis zu Europa gefordert: "Wir können darauf stolz sein, die EU zu haben." Man müsse diese erhalten, um sie zu reformieren. Zum Beispiel müssten die in der EU-Grundrechtecharta verankerten Rechte überall einklagbar sein: "Dann kann man von vollem Herzen sagen, das ist unser Europa."

Der Hauptredner des Abends riss viele Themen an, unter anderem das Schwächeln der Grünen in den Umfragen ("Wir werden nicht bei sieben Prozent enden"), den Martin-Schulz-Effekt ("Ich freue mich, dass die SPD wieder auf die Beine kommt"), Energiepolitik ("Wenn Atomenergie die Pest ist, ist Kohleverbrennung die Cholera") und die in Stuttgart alles beherrschende Belastung durch Feinstaub und Stickoxide ("Städte wie Stuttgart sollten eigentlich nur elektrisch befahren werden").

Auf das, was in Sachen Integration geleistet worden sei, könne man gerade bei den Kommunen stolz sein: "Das war kein Spaziergang, sondern Stress." Die etwa 35 Zuhörer bedachten seine Rede mit langem Applaus, dann folgte die Diskussionsrunde. Diese dominierte von Beginn an die Bürgerinitiative "Gegenwind".

Zwischenrufe zwangen dabei Wolfgang Fremgen vom Ortsverband der Grünen mehrfach, an die Regeln einer geordneten Fragerunde zu erinnern. Hans-Jörg Goerlach von der Bürgerinitiative Gegenwind behauptete, im Kohlekraftwerk in Mannheim enthielte die ausgestoßene Luft weniger Feinstaub als die zuvor eingezogene. Zudem könne man Straßen durch Abspritzen mit Wasser einfach davon reinigen. Biologe Marcel Münderle warf den Grünen vor, dass ihnen Artenschutz egal sei: "Der Planet wird nicht gerettet, wenn wir vor der Haustür die Natur zerstören."

Fritz Kuhn nahm sich Zeit zum Antworten, plädierte für flexible Gaskraftwerke während der Energiewende und erläuterte das Feinstaubproblem: "Der hängt bei uns drei bis vier Meter hoch in der Luft, da bräuchten wir eine Beregnungsanlage in fünf Metern Höhe."

Was die Windkraft anging, riet Kuhn zu einer konstruktiven Diskussion. In Stuttgart habe eine BI auf seinen Vorschlag hin ein Konzept vorgelegt, wie der Strom von zwei Windkraftanlagen anders erzeugt werden könnte: "Die haben das geschafft." Man dürfe bei diesem Thema nicht in Dogmatismus verfallen.

Als Frank Funcke daraufhin Uli Sckerl vorwarf, das Amt für Landwirtschaft und Naturschutz des Rhein-Neckar-Kreises für den Ausbau der Windkraft unter Druck gesetzt zu haben, blieb dieser aber nur mit Mühe ruhig: "Das ist eine nachweislich falsche Information, das lasse ich mir nicht mehr lange bieten." Nirgendwo würden mögliche Standorte für Windräder sorgfältiger geprüft als an der Bergstraße.

"Die BI ist ideologisch verkrampft", sagte Sckerl. Er riet zu mehr Gelassenheit und appellierte: "Lassen Sie uns konstruktiv zusammenarbeiten."

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung