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11.01.2018

Schriesheim: Viele sparen sich die Wohnung vom Mund ab

In Schriesheim gibt es kaum Obdachlose - In der Rente sind aber viele aufs Sozialamt angewiesen

Schriesheim. (fjm) Viele Stadträte waren von den Ergebnissen des Sozialberichts der Stadt überrascht, teils schockiert. Für Karin Söllner vom Sozialamt ist die finanzielle Not von Schriesheimer Bürgern Alltag: Dass viele von ihnen überhaupt in ihrer Wohnung bleiben können, liegt daran, dass sie zum Beispiel beim Kauf von Lebensmitteln mit Gutscheinen unterstützt werden.

"Gerade ältere, alleinstehende Frauen geraten beim Renteneintritt in finanzielle Schieflage, weil sie ihre Wohnungsmiete nicht mehr bezahlen können", sagt Söllner. Viele von ihnen hätten im Haushalt gearbeitet, die Kinder erzogen, Verwandte und Schwiegereltern gepflegt. Am Ende steht dabei eine zu geringe Rente für die eigenen vier Wände. "Diese Generation ist häufig so diszipliniert, dass sie sich die Miete vom Mund abspart", so Söllner. Die Scham darüber, Hilfe beantragen zu müssen, sei groß: "Es sitzen oft Leute bei mir, die weinen oder sich zuerst nicht ins Rathaus getraut haben."

Meist sind ihre Wohnungen mit mehr als 45 Quadratmetern zu groß, um vom Staat bezuschusst zu werden. Doch auch diese 310 Euro für eine Kaltmiete seien unrealistisch, sagt Söllner: "Das gibt es in Schriesheim praktisch nicht." Und wenn doch, würden diese Wohnungen oft übers Internet angeboten, zu dem die Betroffenen keinen Zugang hätten. "Wir sind in Schriesheim immer noch im Einzugsgebiet der Uni Heidelberg und Studenten können sich diese Objekte einfacher leisten."

So kommt es, dass viele ältere Menschen in ihren Häusern und Wohnungen bleiben, obwohl sie sich diese kaum leisten können - auch weil barrierefreie Zugänge nötig wären, die es selten gibt. Über die Runden kommen die Betroffenen nur mithilfe des Sozialamts und der Unterstützung vieler Schriesheimer Spender für den städtischen Sozialfonds.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung