Schriesheim im Bild 2023

25.04.2018

Schriesheim: Karlheinz Spieß und Matthias Heberle leihen sich gegenseitig ihre Traktoren

Des Landwirts größter Helfer - Fahrzeuge sind mit komplexer Technik ausgestattet

Von Matthias Kehl

Schriesheim. Die Mittagssonne strahlt am wolkenlosen Himmel über dem Aussiedlerhof von Familie Spieß im Schriesheimer Rindweg. Vor den Kirschbäumen reihen sich im windgeschützten Hinterhof drei grüngelbe Traktoren, in deren Hintergrund thront der Ölberg. Für den Wein-, Ackerbau und Obstanbau betreibenden Landwirt Karlheinz Spieß sind die frühsommerlichen Temperaturen im April beste Voraussetzungen, um sich in die Arbeit zu stürzen.

Doch an diesem Tag macht dem 53-Jährigen eine streikende Maschine vorübergehend einen Strich durch die Rechnung. Nachbar Matthias Heberle, der nur wenige Meter weiter einen Aussiedlerhof samt Reitstall betreibt, hat Probleme mit dem Getriebe seiner Bodenfräse. "Unter guten Nachbarn hilft man sich natürlich", sagt Spieß, konzentriert darauf, mit Schraubenschlüssel und Zange dem Defekt auf den Grund zu gehen.

Heberle, der seinen Landwirtschaftsbetrieb in der vierten Generation führt, ist ebenfalls mit einem grüngelben Trecker angerückt, der wie die Traktoren von Spieß, ein Fabrikat des Landtechnikriesen John Deere ist. "Ungefähr neun oder zehn davon fahren hier in Schriesheim, bei drei bis vier hauptgewerblichen Betrieben", sagt Spieß, während er sich eine Zigarette anzündet und aus der prallen Sonne in den Schatten der Landmaschinen tritt.

"Der hier kommt beim Getreide- und Zuckerrübenanbau auf dem Acker zum Einsatz", sagt der 32-jährige Heberle und deutet auf das wuchtige 150 PS starke Modell, das an die zu reparierende Bodenfräse gespannt ist. Gleiches gilt für den Traktor von Landwirt Spieß, hinter den Heberle bereits einen Miststreuer gekuppelt hat, um den Kompost noch vor der Maissaat auszubringen. "Wir leihen uns gegenseitig die Maschinen, deren technische Verarbeitung immer komplexer wird", so Spieß, dessen zwei über 100 PS starke Landmaschinen der gelbe Hirsch ziert. Dieser ist seit 100 Jahre das Markenzeichen von John Deere.

Außerdem hat der Schriesheimer Landwirt einen kleineren "840er Plantagenschlepper", der dem Betrieb vor allem zum Wein- und Obstanbau diene. Dieser komme saisonal von Ende März bis zur Weinlese zum Einsatz.

Heutzutage müsse man in die Neuanschaffung der wuchtigen, hochtechnischen Landmaschinen sechsstellige Summen investieren, sagt Spieß. Kein Wunder also, dass zwischen den Landwirten und ihren Traktoren oft eine besondere Beziehung herrscht. "Es ist keine Seltenheit, wenn Matthias im Sommer mal 14 Stunden auf dem Trecker sitzt", sagt die 59-jährige Mutter Friedel Müller-Heberle.

"Im Großen und Ganzen halten sich die Reparaturen bei den Schleppern im Rahmen", erzählt Spieß. Doch im Fall eines technischen Defekts der Traktoren befinde man sich im "luftleeren Raum", so der 53-Jährige. Die nächsten Fachwerkstätten sind erst in Eppelheim und Sinsheim zu finden. Und anders als bei der defekten Bodenfräse, bei der man "sich selbst noch ganz gut helfen kann", bedarf es bei den Traktoren allein für die Fehlererkennung eines Spezialisten.

"Die Zeit bleibt nicht stehen, auch nicht in der Landwirtschaft", sagt Senior Heinrich Spieß, der auf einen Gehstock gestützt eine Runde auf dem Hof macht. Der 81-Jährige, der den Betrieb der Familie Spieß zusammen mit seiner Mutter nach dem Zweiten Weltkrieg aufbaute, erinnert sich an seinen ersten Schlepper, einen Deutz-Traktor mit 18 PS, den er Ende der 1950er Jahre in seinen Betrieb aufnahm. "Auch die feinjustierte Arbeit der Traktoren beim Tabakanbau gehört nun fast schon zehn Jahre der Vergangenheit an", so Heinrich Spieß. Genug Arbeit sei für die Landwirte jedoch ohnehin vorhanden, sagt Senior Spieß, deren größte Helfer, die Traktoren, mittlerweile aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken sind.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung