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16.05.2019

"Wir machen mehr als andere Fraktionen"

"Wir machen mehr als andere Fraktionen"

Georg Grüber (70) und Alexandra Lorenz (39) kandidieren für die Grüne Liste - Den Gemeinderat nehmen sie sehr unterschiedlich wahr

"Vielleicht hätte ich noch mehr den Mund aufmachen müssen", sagt Zimmermeister Georg Grüber. Alexandra Lorenz wünscht sich jedenfalls transparentere Ratsentscheidungen. Foto: Dorn

Von Frederick Mersi

Schriesheim. Er sitzt seit fünf Jahren am Ratstisch, sie kann Entscheidungen des Gremiums oft nicht nachvollziehen: Jetzt kandidieren Georg Grüber und Alexandra Lorenz für die Grüne Liste um einen Sitz im Gemeinderat - und äußern im RNZ-Interview einen gemeinsamen Wunsch.

Frau Lorenz, welche Schulnote geben Sie als Lehrerin dem Gemeinderat?
Lorenz: Eine 2,5. Viele Sachen machen die Stadträte gut, vor allem in Sachen Öffentlichkeitsarbeit und Transparenz ist noch Luft nach oben. Viele Entscheidungen sind für Außenstehende nicht nachvollziehbar.

Gibt es denn etwas, was Sie in den vergangenen fünf Jahren gern anders gemacht hätten, Herr Grüber?
Grüber: Vielleicht hätte ich noch mehr den Mund aufmachen müssen. Ich habe aber das Problem, dass ich bei Bauthemen nach außen fast immer befangen wirke. Da ist es für mich schwer, etwas zu sagen. Aber wenn es um die Notunterkunft am Wiesenweg geht, kann es nicht sein, dass die Stadt mit den Containern die Energie-Einsparverordnung nicht einhält. Das muss jeder private Bauherr - und niemand glaubt, dass die Container wirklich nur vorläufig dort stehen bleiben.

Ist Ihre berufliche Tätigkeit als Zimmermeister eher hilfreich oder hinderlich bei der Arbeit im Gemeinderat?
Grüber: Ich kann der Stadt schon viel bringen - auch wenn ich jedes Mal aufpassen muss, dass ich das Wort Holz nicht öffentlich verwende. Aber wenn die Stadt anfragt, kann ich mein Fachwissen einbringen. Und ich nehme kein Blatt vor den Mund - Wahlkampf hin oder her.

Interessiert die Arbeit des Gemeinderats denn die Menschen in Ihrem Umfeld, Frau Lorenz?
Lorenz: Ein Interesse besteht auf jeden Fall. Mein Umfeld ist sehr gespannt auf den Wahlausgang. Einige haben jetzt auch die Europawahl mehr auf dem Schirm. Das ist wichtig, denn meckern, ohne selbst vorher etwas zu tun, ist kontraproduktiv.

Welche Forderung aus dem Wahlprogramm ist Ihnen am wichtigsten?
Grüber: Mir geht es um nachhaltiges Wirtschaften, Bauen und Sanieren. Was Wärmedämmung angeht, haben wir noch viele Baustellen in Schriesheim. Im Kindergarten in der Römerstraße wird zum Beispiel viel Energie verschwendet. Aber wenn ich so etwas sage, heißt es gleich wieder: Der will nur einen Auftrag haben.
Lorenz: Mir ist die Vereinbarkeit von Job und Familie wichtig, Kindergartenöffnungszeiten von 7 bis 18 Uhr würden das erleichtern. Wir wollen auch den Jugendlichen einen attraktiven Treffpunkt bieten, wie damals das "Juz". Wir brauchen auch den Ausbau von sicheren Rad- und Fußwegen.

Ein Wahlkampfthema der Grünen ist Bürgerbeteiligung. Können Sie ein Positiv- und ein Negativbeispiel nennen?
Grüber: Schlecht hat die Beteiligung beim Übergangsstandort für das Kurpfalz-Gymnasium funktioniert. Das war...
Lorenz: ...eine Katastrophe.
Grüber: Richtig. Ein positives Beispiel fällt mir im Moment nicht ein. Wir monieren ja auch häufig im Gemeinderat, dass wir spät informiert werden. Der Buschfunk in Schriesheim ist manchmal schneller.
Lorenz: Ich bin zwar in Schriesheim aufgewachsen, wohne aber erst seit zwei Jahren wieder hier. Daher bin ich froh, dass es wieder einen Bürgertag geben soll.

Wie stehen Sie zur KGS-Sanierung?
Grüber: Ursprünglich waren mal zwölf Millionen Euro für alle drei Schulen vorgesehen. Mehr ist von der Stadt für das Kurpfalz-Gymnasium nicht finanzierbar. Dazu sollen Zuschüsse kommen. Aber beschlossen ist noch nichts. Wir haben ja immer noch keine belastbaren Zahlen, was die Sanierungskosten angeht. Außerdem hieß es immer, die anderen beiden Schulen seien nicht sanierungsfähig. Das heißt im Umkehrschluss, dass wir irgendwann neu bauen müssen. Warum leisten wir uns dann nicht gleich ein nachhaltiges Gebäude statt einem Übergangsbau?
Lorenz: Das meine ich mit nicht nachvollziehbaren Entscheidungen.

Warum sehen Sie sich bei der Grünen Liste am besten aufgehoben?
Grüber: Ich habe meinen eigenen Kopf. Viele haben mich vermutlich auch deswegen gewählt. Aber die Grüne Liste schluckt auch nicht alles, das gefällt mir. Ich war mal Mitglied bei den Freien Wählern, aber nach der Bürgermeisterwahl 2013 und dem dabei unterstützten Kandidaten bin ich ausgetreten.
Lorenz: Ich hatte bis 2018 mit Kommunalpolitik wenig am Hut. Aber als ich gefragt wurde, habe ich mir die Positionen angeschaut, und ich kann mich damit identifizieren. Mit Waldputzaktion, Info- und Kulturveranstaltungen macht die Grüne Liste auch wahnsinnig viel. Die Resonanz zeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind.

Zwischen Ihnen liegen 31 Jahre. Sehen Sie diese Lebenserfahrung als Vorteil, Herr Grüber?
Grüber: Von meinen Erfahrungen und Verbindungen kann ich schon profitieren. Aber wir brauchen Junge und Alte.
Lorenz: Genau. Junge Familien haben andere Sorgen als Senioren.

Warum sollten die Schriesheimer am 26. Mai den oder die andere wählen?
Grüber: Warum sie die Grüne Liste wählen sollen, kann ich besser beantworten.

Warum also sollten die Schriesheimer die Grüne Liste wählen?
Lorenz: Die Kandidaten wissen, von was sie reden - geballte Kompetenz sozusagen.
Grüber: Das kann man schon so sagen. Und wir machen mehr als andere Fraktionen. Auch wenn ich mich nicht immer darüber freue: Wir haben bald jede Woche Fraktionssitzung, das ist bei anderen nicht so.

HINTERGRUND
Die RNZ stellt die ältesten und jüngsten Kandidaten der Listen der Gemeinderatsfraktionen zur Kommunalwahl am 26. Mai vor. Heute die Grüne Liste:

Georg Grüber (70) ist Inhaber eines Zimmerei-Betriebs und kandidiert auf Listenplatz drei. Seine Fachthemen sind Bau- und Sanierungsprojekte.

Alexandra Lorenz (39) ist die jüngste Kandidatin der Grünen Liste, die sich zu einem Interview bereit erklärte. Die Handelslehrerin kandidiert auf Listenplatz zehn. Ihr liegen Familien und Kinder am Herzen. fjm

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung