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19.09.2019

Kurpfalz-Gymnasium Schriesheim: In acht Tagen rund drei Millionen Euro sparen

Kurpfalz-Gymnasium Schriesheim: In acht Tagen rund drei Millionen Euro sparen

Stadt kann sich bisher geplante Sanierung des Kurpfalz-Gymnasiums nicht leisten - Jetzt sollen die Planer kurzfristig die Kosten reduzieren

Zu Protesten von Eltern, Schülern und Anwohnern kam es bei der Entscheidung zum Standort des Übergangsbaus. Foto: Dorn

Von Frederick Mersi

Schriesheim. Eineinhalb Jahre nachdem sich der Gemeinderat mit hauchdünner Mehrheit für eine Sanierung des Kurpfalz-Gymnasiums Schriesheim (KGS) entschieden hat, liegen erstmals belastbare Zahlen zu den Kosten des Mammutprojekts vor: 23,9 Millionen Euro brutto hat das Architekturbüro Dierks, Blume, Nasedy für das Vorhaben veranschlagt. Doch die Stadt kann sich das nicht leisten. Bis zur Sitzung des Gemeinderats am Mittwoch, 25. September, sollen die Planer nun Möglichkeiten aufzeigen, wie rund drei Millionen Euro eingespart werden können.

Dabei hat das Architekturbüro schon mehrere Teilaspekte der Sanierung nur als Optionen eingeplant, zum Beispiel den Einbau eines behindertengerechten Aufzugs, eine neue Lüftung für die naturwissenschaftlichen Räume oder eine Erweiterung der Aula. Würde die Stadt diese Möglichkeiten auch umsetzen wollen, stiegen die Kosten für das Gesamtprojekt sogar auf 26,4 Millionen Euro.

Das Budget der Stadt liegt aber bei exakt 20.857.500 Euro - inklusive aller Zuschüsse. Schon die Grundausstattung für die geplante Sanierung liegt weit über dieser Grenze. Also erhielten die Planer am Dienstag eine E-Mail von der Stadtverwaltung: Der Umfang der Sanierung solle so reduziert werden, dass die Planung innerhalb des von der Aufsichtsbehörde im Landratsamt vorgegebenen Kostenrahmens bleibt.

Acht Tage bleiben den Architekten dazu. Die geänderten Entwürfe sollen am Mittwoch in der Gemeinderatssitzung vorgestellt werden.

Zwei Faktoren erschweren das Sparen. Zum einen wird die Stadt vom Bund wohl weniger Geld für das Projekt bekommen als zunächst gedacht: Statt 6,7 Millionen Euro will das Regierungspräsidium nur knapp 6,4 Millionen Euro zahlen, weil bei der Berechnung auch die Räume der Musikschule einbezogen wurden. Für die gibt es aber vom Bund keine Zuschüsse. Zum anderen kann die Stadt bei der Sanierung aber nicht auf die Räume von Musikschule und Bibliothek verzichten: Dort verlaufen Versorgungsleitungen, die erneuert werden müssen. Die Kosten von zusammen mehr als 700.000 Euro für die beiden Einrichtungen können die Planer also auch nicht einfach abziehen.

Dazu kommt, dass der Übergangsbau, in dem während der Sanierung der Unterricht stattfinden soll, wohl auch durch die vollen Auftragsbücher bei Baufirmen und Handwerkern deutlich teurer wird als ursprünglich geschätzt: Fast 2,6 Millionen Euro brutto verlangt der günstigste Anbieter allein für die Containermodule, dazu kommen noch einmal rund 260.000 Euro für Elektroarbeiten, Anschluss an Heizung und Wasserversorgung und Tiefbau.

Die günstigsten Angebote liegen damit alle mindestens 16 Prozent über der vom Gemeinderat beschlossenen Kostenschätzung. Nur bei den Containermodulen bewarben sich mehr als zwei Firmen um den Auftrag.

Finanzieren will die Stadt die Sanierung des Kurpfalz-Gymnasiums neben Zuschüssen vor allem durch neue Schulden und Einnahmen aus einem möglichen Neubaugebiet im Süden der Stadt. Letzteres ist aber noch nicht beschlossen.

Wie viel Geld der Stadt in den kommenden Jahren zur Verfügung stehen wird, ist noch nicht klar: Die Einnahmen aus Grund- und Gewerbesteuer hängen von der Lage der Gesamtwirtschaft ab.

Völlig unklar ist auch, ob sich am Mittwoch im Gemeinderat eine Mehrheit für das Mammutprojekt finden wird. Seit der Kommunalwahl ist die Grüne Liste, die der Sanierung wegen der Höhe der Kosten bisher mehrheitlich skeptisch gegenüberstand, mit einem Stadtrat mehr im Gremium vertreten. Gleichzeitig hat die FDP, deren Stadtrat Wolfgang Renkenberger bisher ein Befürworter der Sanierung war, einen Sitz dazugewonnen.

Eine entscheidende Rolle könnte bei der Abstimmung damit den Einzelstadträten Lissy Breitenreicher (Bürgergemeinschaft) und Thomas Kröber (AfD) zukommen. Ob die Stadt das KGS tatsächlich saniert, wird aber vor allem von den Sparfähigkeiten der Architekten abhängen.

Hintergrund: Was in Sachen Sanierung bisher geschah

> 2013: Die Stadt startet einen Schulbauprozess für das gesamte Kurpfalz-Schulzentrum. Das Architektenbüro ap88 erstellt eine Machbarkeitsstudie.

> 2014: Im Rahmen des Schulbauprozesses wird das Gebäude auch energetisch untersucht. Das Ergebnis: Die ganzheitliche Sanierung des Gymnasiums ist dringend nötig. Real- und Grundschule sind dagegen nicht energetisch sanierungsfähig. Sie müssten also abgerissen und neu gebaut werden. Leisten könnte sich die Stadt das aber nicht: Von einer Investition von etwa 50 Millionen Euro ist die Rede. 2016 erklären mehrere Stadträte den Prozess für tot.

> November 2017: Bei einem Klausurwochenende einigt sich der Gemeinderat mit der Stadtverwaltung auf eine Summe von zwölf Millionen Euro, die in den Folgejahren ins Schulzentrum investiert werden könnte. Wie die Gelder verteilt werden sollen, ist aber unklar. Einen formellen Beschluss dazu fasst das Gremium ebenfalls nicht.

> Anfang März 2018: Die Stadtverwaltung schlägt eine umfassende Sanierung des Kurpfalz-Gymnasiums vor. Der Grund sind neue Möglichkeiten für Zuschüsse von Bund und Land, die aber nur für das KGS gelten. Als Kostenschätzung werden basierend auf Indizes und zu sanierender Fläche etwa 32 Millionen Euro angegeben. Der Gemeinderat soll einen Grundsatzbeschluss fassen.

> 27. März 2018: Mit einer Mehrheit von 14 zu 12 Stimmen entscheidet sich der Gemeinderat für eine Sanierung des Gymnasiums. Voraussetzung ist, dass die von der Verwaltung einplanten Zuschüsse von Bund und Land bewilligt werden.

> 11. Juni 2018: Der Zuschussantrag wird bewilligt. Zugesagt werden 6,76 Millionen Euro. Innerhalb eines Jahres muss mit der Sanierung begonnen werden, Ende 2022 muss sie fertig sein.

> Juli 2018: Die Stadt legt dem Kommunalrechtsamt des Rhein-Neckar-Kreises ein Finanzierungskonzept für die Sanierung vor, das die Behörde als "(noch) akzeptablen Weg" bewertet. Zuvor hatte die Stadt zwei weitere Konzepte vorgelegt, die die Behörde aber nicht als ausreichend ansah. Um die nötigen Mittel zusammenzubekommen und andere Projekte in der Finanzplanung nicht in Gefahr zu bringen, plant die Stadt auch sechs Millionen Euro aus einem Neubaugebiet Süd ein.

> 25. Juli 2018: Die Verwaltung bekommt vom Gemeinderat nach einem knapp gescheiterten Gegenvorschlag der Grünen Liste von einer breiten Mehrheit grünes Licht für die Vergabe der Planungen.

> 12. Dezember 2018: Der Gemeinderat vergibt die Sanierungsplanung einstimmig an das Architektenbüro Dierks, Blume, Nasedy. Die Entscheidung über den Standort des Übergangsbaus für das Gymnasiums wird nach heftigen Protesten von Schülern, Eltern und Anwohnern vertagt. Ursprünglich hatte die Verwaltung dafür einen begrünten Hügel auf dem Schulgelände roden wollen.

> 10. April 2019: Der Gemeinderat entscheidet sich für die Lehrerparkplätze und eine Fläche nahe der Schulsporthalle als neuen Standort für den Übergangsbau aus Containermodulen.

> Juni 2019: Rein formell beginnt die Sanierung mit einer ersten Maßnahme. Damit ist die Frist für den Zuschuss eingehalten.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung