Schriesheim im Bild 2023

20.11.2019

Helga Lenschow hilft bei "German Doctors"

Bis zu 60 Menschen in Bangladesch bei 36 Grad behandelt

Von Florian Busch

Schriesheim. Helga Lenschow ist 75 Jahre alt. Statt sich zurückzunehmen, ist die Schriesheimerin viel unterwegs. Unter anderem bildet sie Physiotherapeuten auf Seminaren fort. Vor allem aber engagiert sie sich bei der Nicht-Regierungsorganisation (NRO) „German Doctors“ und kehrte im August von ihrem mittlerweile fünften Auslandseinsatz zurück.

Das Ziel der Organisation ist es, medizinische Hilfe dort anzubieten, wo die Menschen es sich sonst nicht leisten könnten. Aktuell ist sie mit neun unterschiedlichen Missionen in Bangladesch, Indien, auf den Philippinen, in Kenia und Sierra Leone im Einsatz und war früher unter anderem auch in Mittel- und Südamerika oder Pakistan vertreten. „German Doctors“ unterscheide sich von anderen Einrichtungen wie zum Beispiel „Ärzte ohne Grenzen“ dadurch, dass sie nicht in politischen Brennpunktregionen aktiv sei, sagte Lenschow.

Das sei auch ein Grund gewesen, weshalb sie sich 2011 dazu entschloss, der Organisation beizutreten. Sie hatte lange als Internistin in einem Krankenhaus gearbeitet. „Aber dann habe ich mir gedacht, das kann es doch noch nicht gewesen sein“, erzählte Lenschow, die zu der Zeit schon Rentnerin war. Sie wollte ihr Wissen einsetzen, wo es gebraucht wird, und kam auf die Idee, sich bei einer NRO zu engagieren. 2012 folgte dann auch schon ihr erster Einsatz auf den Philippinen, wo sie inzwischen vier Mal an zwei verschiedenen Einsätzen teilnahm. Ihr jüngstes Engagement brachte sie dieses Jahr vom 12. Juli bis zum 24. August nach Chittagong, die zweitgrößte Stadt Bangladeschs.

Lenschows Tätigkeit bestand sechs Wochen lang darin, Verletzungen und Krankheiten aller Art zu behandeln. Von Montag bis Freitag war sie im Einsatz und besuchte regelmäßig zwei Armenviertel, Slums, der Stadt. Vorstellen solle man sich die Arbeit etwa wie in einer Allgemeinarztpraxis, sagte sie: Vor allem Atemwegserkrankungen, Hautkrankheiten und Infektionen habe sie behandeln müssen. Am meisten machten ihr dabei die klimatischen Bedingungen zu schaffen: „Ich war während der Monsunzeit da, das war schon heftig“, meint Lenschow, die bei 36 Grad Celsius und einer Luftfeuchtigkeit von 95 Prozent 50 bis 60 Patienten pro Tag behandeln musste.

Bevor die Bedürftigen für eine Behandlung zu ihr kamen, hatten sie schon ein „social screening“ durchlaufen. Hierbei gehen Angestellte der Organisation durch die Slums und treffen eine Vorauswahl, da man diejenigen medizinisch versorgen will, die es sich nicht leisten können. Neben der akuten Behandlung durch die zwei Ärzte möchte „German Doctors“ aber auch langfristig helfen. So werden etwa die meisten Medikamente in den Einsatzländern gekauft, um dort die Wirtschaft zu stärken. Außerdem sind alle weiteren Mitarbeiter, wie etwa die Krankenschwester, Einheimische.

Lenschow begeistert vor allem, dass „man den Leuten zeigen kann, wie mit minimalem Einsatz ihre Situation verändert werden kann“, denn das Gefühl für die eigene Gesundheit sei dort nicht so stark verankert. Es gibt Essensprogramme für unterernährte Kinder. Mehrmals am Tag bekommen sie kostenlose Mahlzeiten. Oder es wird über in Deutschland banal erscheinende Dinge aufgeklärt, wie etwa die Nahrung abwechslungsreich zu gestalten oder sauberes Wasser für das Kochen zu verwenden.

Vor jedem Einsatz müssen die Ärzte an Vorbereitungsseminaren teilnehmen. In diesen lernen sie ihren zukünftigen Einsatzort und die Gegebenheiten dort kennen und bekommen unter anderem gezeigt, wie sie sich der Kultur entsprechend verhalten müssen. Vor Ort seien dann immer zwei Ärzte gleichzeitig im Einsatz und werden, so Lenschow, überlappend ausgetauscht. Während der ersten zwei Wochen und während der letzten vier Wochen war sie zum Beispiel mit zwei Kollegen zusammen. Durch diese Konstellation sei ein Informationsaustausch besser möglich, als wenn man jedes Mal zwei neue Ärzte einweisen müsse.

Obwohl die NRO durch den Staat und die EU gefördert wird, sind die Ärzte ehrenamtlich im Einsatz und müssen für Dinge wie Flug und Vorsorgeimpfungen selbst aufkommen. Das hält Lenschow jedoch nicht davon ab, sich ein sechstes Mal zu melden. „Ich würde gerne noch mal gehen“, meint die 75-Jährige. Sie wisse allerdings noch nicht, ob ihr Alter das ein weiteres Mal zulasse. Großen Spaß mache es ihr auf jeden Fall.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung