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04.12.2019

Sanierung des Kurpfalz-Gymnasiums: Schwere Vorwürfe gegen Container-Firma

Sanierung des Kurpfalz-Gymnasiums: Schwere Vorwürfe gegen Container-Firma

Stadt Schriesheim hält Unternehmen für unzuverlässig - Projektleiterin wehrt sich

Das Fundament steht, die Container für den KGS-Übergangsbau fehlen. Foto: Dorn

Von Frederick Mersi

Schriesheim. Ein Geschäftsführer, der nicht erreichbar ist, „grobe Unzuverlässigkeit“ und Büroräume, die bei einem Überraschungsbesuch wie vor einem Umzug wirken: Die Vorwürfe der Stadtverwaltung gegen die Firma Erwe Containersysteme wiegen schwer, das Rastatter Unternehmen wehrt sich vehement dagegen. Klar ist: Die 139 Containermodule für die Übergangsbauten während der Sanierung des Kurpfalz-Gymnasiums (KGS) werden nicht pünktlich geliefert, der Umzug der Schule verzögert sich. Zudem deutet alles darauf hin, dass der Streit zwischen Stadt und Firma vor Gericht ausgetragen wird.

Dabei habe es während des Vergabeverfahrens noch keine Hinweise gegeben, dass es mit der Firma Probleme geben könnte, sagt Bauamtsleiter Schäfer. Die Stadt schrieb den Auftrag wie vorgegeben europaweit aus, Erwe gab ein Angebot zum Preis von knapp 2,6 Millionen Euro ab, war damit der wirtschaftlichste von vier Anbietern und musste daher den Zuschlag erhalten.

Doch mit der Auftragsvergabe begannen laut Schäfer die Probleme: „Die Kommunikation war die ganze Zeit holprig.“ Unterlagen seien nur auf Nachfrage nachgereicht worden, mit Geschäftsführer Andreas Günter habe man nie telefonieren können. Als am Mittwoch, 27. November, zum vereinbarten Termin keine Containermodule geliefert wurden, schrillten im Bauamt die Alarmglocken. Schäfer entschied sich zu einem Spontanbesuch beim Erwe-Firmensitz in Rastatt, einem mehrstöckigen Bürogebäude, in dem unter anderem ein Drogeriemarkt und zwei Arztpraxen beheimatet sind. Die Beschreibungen über das Geschehen an diesem Freitag gehen auseinander.

Schäfer berichtet von Büroräumen, die wie kurz vor einem Umzug wirkten, von einem einzigen Mitarbeiter vor Ort, der sich aber nicht für das Projekt zuständig erklärte. Auf Nachfrage habe es ein Treffen mit Projektleiterin Jasmin Kircher gegeben, bei dem er klargemacht habe, „dass das keine Vorgehensweise ist“.

Kircher habe daraufhin einen korrigierten Zeitplan vorgelegt, der die Aufstellung der Container für den 9. Dezember und eine Fertigstellung des Übergangsbaus zum 29. Dezember vorsah. „Das ist unrealistisch“, sagt Schäfer heute. Zumal Erwe noch nicht mal die verkehrsrechtliche Genehmigung für den Transport beantragt habe.

Bei einem ohnehin geplanten Infoabend zur KGS-Sanierung am Montag sagte Schäfer: „Es ist eigentlich klar, dass wir von dieser Firma keine Container bekommen werden.“ Es sei von einer „groben Unzuverlässigkeit und mangelnden Leistungsfähigkeit“ auszugehen. Die Stadt wolle Erwe deshalb kündigen.

Projektleiterin Kircher widerspricht dieser Darstellung am Telefon entschieden: „Wir hätten die Container am 27. November noch gar nicht stellen können, weil die Fundamentierung für das Gebäude im Schulhof noch nicht fertig war.“ Um die verkehrsrechtliche Genehmigung kümmere sich die Kranfirma, nicht Erwe selbst, und dass bei einem Überraschungsbesuch in einem kleinen Unternehmen nicht alle Mitarbeiter vor Ort seien, könne man nicht ausschließen. Schäfers Beschreibung, die Räume sähen wie kurz vor dem Umzug aus, sei „erfunden“, sagt Kircher. „Ich weiß nicht, wie Herr Schäfer auf so was kommt.“

Eine letzte Frist der Stadt läuft am Mittwoch, 4. Dezember, um 12 Uhr ab. Dann soll der Vertrag gekündigt werden. Bauamtsleiter Schäfer ging am Montag nicht davon aus, dass es zu einer Einigung kommt. Inzwischen beschreiben beide Seiten das Vertrauensverhältnis als „völlig zerrüttet“ und prüfen rechtliche Schritte, um auf Schadenersatz beziehungsweise entgangenen Gewinn zu klagen.

Unklar ist, wann die Übergangsbauten fertig sind und Umzug der Musikräume von KGS und Musikschule dorthin erfolgen kann. Freitag, 20. Dezember, sei als Beginn jedenfalls nicht mehr haltbar, sagt Schäfer. Die anderen drei Firmen, die sich ursprünglich um den Auftrag beworben hatten, habe die Stadt kontaktiert. Der zweitgünstigste Bieter habe nur etwa 30.000 Euro mehr gefordert. Es könne aber sein, dass die Firma für den Auftrag inzwischen mehr Geld verlange, so Schäfer. Über eine erneute Vergabe soll der Gemeinderat am Mittwoch, 11. Dezember, entscheiden.

Denn die Zeit drängt: Ist die Sanierung nicht bis Ende 2022 fertig, läuft die Stadt Gefahr, knapp 6,7 Millionen Euro als Zuschuss vom Bund zu verlieren. Laut Architekt Christian Nasedy, dessen Büro für die Generalplanung zuständig ist, hat eine Firma schon signalisiert, die Module im Januar liefern zu können. „Wir schielen in diesem Fall für den Umzug auf die Faschingsferien“, sagt Projektplaner Sebastian Bohnekamp. „Aber vielleicht ist das zu sportlich.“

Der Zeitplan für das Gesamtprojekt, betonten Nasedy und Bürgermeister Höfer am Montag unabhängig voneinander, sei durch eine solche Verzögerung aber nicht in Gefahr.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung