Schriesheim im Bild 2023

11.02.2020

Wie die Stadt die Kinderbetreuung sichern will

Zukunftsplanung: Bedarf an Ganztagesplätzen in Kindergärten steigt - Neubau nahe der Mehrzweckhalle oder auf Festplatz diskutiert

Von Frederick Mersi

Schriesheim. Licht und Schatten in Sachen Kindergärten liegen in Schriesheim nah beieinander – zumindest wenn es um den Zustand der Gebäude geht. Während der etwa fünf Millionen Euro teure Neubau des bewegungsfreundlichen Kindergartens "Kinderschachtel" in der Hirschberger Straße in die finale Phase geht, steht direkt nebenan das Gebäude der Einrichtung "Kunterbunt" – mit einer Durchschnittsnote von 3,8 bei einer Untergrenze von 5 der Kindergarten im derzeit schlechtesten baulichen Zustand in der Weinstadt.

Doch nicht nur der Sanierungsbedarf bei den Schriesheimer Kindergärten ist hoch. Wie aus der "Zukunftsplanung Kinderbetreuung" hervorgeht, die von der Stadtverwaltung mit den Fraktionssprechern im Gemeinderat und den Leiterinnen der pädagogischen Einrichtungen erstellt wurde, wird auch die Nachfrage nach Betreuungsplätzen in den kommenden Jahren steigen – vor allem im Ganztagsbereich.

Das liegt vor allem daran, dass im Jahr 2023 voraussichtlich deutlich mehr Kinder zwischen drei und sechs Jahren in Schriesheim wohnen werden als heute. Schon im Laufe des Kindergartenjahrs 2020/21 rechnet die Stadt mit einem Bedarf an 467 Plätzen, vorhanden sind derzeit nur 450. Bis 2023/24 könnten sogar 44 Betreuungsplätze fehlen, wenn nicht zusätzliche Möglichkeiten geschaffen werden.

Die Folge: Eine neue Gruppe soll her, möglichst schon zu Beginn des nächsten Kindergartenjahres, in einem der vorhandenen Gebäude. Wie das funktionieren könnte, steht bisher noch nicht fest. Diskutiert wurde zwar über eine Unterbringung im neu gebauten Schülerhort "Pfiffikus" an der Strahlenberger Grundschule oder in der neuen "Tausendfüßler"-Krippe in der Conradstraße.

Noch keine konkreten Entwürfe für Neubauten

Doch die erste Option würde wohl nicht genehmigt werden, weil ein Spielgelände außerhalb des Gebäudes fehlt. Und die zweite Möglichkeit wäre laut Verwaltung mit großem organisatorischem Aufwand verbunden und "nicht wirtschaftlich", weshalb das Rathaus diese Lösung ebenfalls nicht empfiehlt.

Zwei Alternativen sind unterdessen noch im Gespräch: eine neue Wald-Außengruppe und die Belegung des "Kinderschachtel"-Neubaus mit einer zusätzlichen Gruppe. Mit Variante eins könnten sich laut Vorlage alle Fraktionen im Gemeinderat anfreunden. Allerdings soll mit dem Betreiber des bestehenden Waldkindergartens erörtert werden, ob dadurch eine Konkurrenz-Situation entstünde.

Langfristig kommt die Stadt, wie Bürgermeister Hansjörg Höfer zuletzt immer wieder angekündigt hat, aber nicht an einem weiteren Kindergarten-Neubau vorbei. Mögliche Standorte wurden im vergangenen Jahr zumindest andiskutiert: Zur Debatte stehen momentan das Gelände nahe der Krippe "AWO’s Rasselbande" und der Festplatz, den Christian Wolf, Fraktionschef der Grünen Liste, und Sebastian Cuny, Fraktionschef der SPD, ins Spiel gebracht haben. "In Schriesheim wohnen mehr Kinder oberhalb der B 3, mehr Kindergärten gibt es aber auf der anderen Seite", begründet Wolf den Vorschlag. Konkrete Entwürfe und Planungen gibt es aber noch nicht. Ebenfalls angedacht ist eine Erweiterung des Kindergartens "Römerstrolche" in der Römerstraße.

Um die vorhandenen Kindergarten-Gebäude nach und nach sanieren zu können, müssen die dort betreuten Gruppen vorübergehend in ein neues Zuhause ziehen. Das könnte in Form einer weiteren Container-Anlage auf dem Bolzplatz an der Conradstraße entstehen, was von der Grünen Liste aber kritisch gesehen wird. SPD-Fraktionschef Cuny fordert, eine Verwendung der momentan als Übergangsstandort für das Kurpfalz-Gymnasium gemieteten Module zu prüfen. Doch die Stadt will nicht nur kräftig in die Gebäude investieren, auch das Betreuungsangebot soll erweitert werden: Unter anderem ist eine Reduzierung der Schließtage der Kindergärten von 29 auf 24 pro Jahr im Gespräch. Planungstage und Betriebsausflüge mit eingerechnet, würde die Zahl der Tage, an denen die Kindergärten im Jahr geschlossen bleiben, damit auf 27 sinken. Dazu müsste laut Zukunftsplanung eine zusätzliche Erzieherinnen-Stelle geschaffen werden, 55.000 Euro würde das pro Jahr kosten.

Gleichzeitig will die Stadt künftig keine Halbtagsbetreuung mehr in ihren Kindergärten anbieten. Von 501 Kindern, die zum Ende des Jahres 2018/19 Schriesheimer Kindergärten besuchten, wurden nur 31 ausschließlich vormittags betreut. Zwei weitere Plätze wurden in Kombination mit Ganztagsbetreuung an zwei beziehungsweise drei Tagen genutzt. "Halbtagsangebote sollen daher auslaufen", heißt es in der "Zukunftsplanung". "Sie sollen ab sofort nicht mehr buchbar sein." Kinder, die aktuell halbtags betreut werden, müssen nicht zu anderen Modellen wechseln.

Erhalten bleiben sollen die Kombinationsmöglichkeiten aus Ganztagsbetreuung (7.30 bis 16 beziehungsweise 17.30 Uhr) und verlängerten Öffnungszeiten (7.30 bis 14 Uhr). Eine Betreuung über mehr als zehn Stunden pro Tag zu ermöglichen, hält die Stadt vor allem "aus pädagogischen Gründen" für nicht sinnvoll.

Anmeldung soll komplett digitalisiert werden

Darüber hinaus will die Stadt das Anmeldeverfahren für Kindergarten-Plätze komplett digitalisieren. Eltern sollen ihre Wunsch-Einrichtung frei auswählen können. Gibt es mehr Anmeldungen als Kapazitäten, würden die Plätze – Geschwisterkinder ausgenommen – nach einem Punktemodell vergeben, bei dem unter anderem die Berufstätigkeit, ehrenamtliches Engagement und die Nähe des Wohnorts eine Rolle spielen könnten. "Wir werden über die genauen Kriterien aber mit dem Gemeinderat sprechen", sagt Hauptamtsleiter Dominik Morast.

Möglichst bald soll das neue Anmeldeverfahren in Betrieb gehen. "Wir haben dazu schon Software gesichtet, müssen die aber erst einmal einrichten", so Morast. Der Gemeinderat müsste dafür ebenfalls grünes Licht geben. Zunächst soll aber die "Zukunftsplanung" im Gremium Zustimmung finden.

Info: Öffentliche Sitzung des Gemeinderats, Mittwoch, 12. Februar, 18 Uhr, großer Sitzungssaal des Rathauses.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung