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09.07.2020

Keine "neue Normalität": Große Ratlosigkeit an der Musikschule Schriesheim

Keine "neue Normalität": Große Ratlosigkeit an der Musikschule Schriesheim

Die Raumfrage ist so drängend wie ungelöst, außerdem sinken die Anmeldezahlen - Jede Unterstützung hilft

Eine schwierige Zeit voller Fragezeichen: Musikschulvereinsgeschäftsführer (und Stadtkämmerer) Volker Arras (l.) und Schulleiter Olaf Weithäuser. Foto: Dorn

Schriesheim. (hö) Es ist zum Haareraufen: Während die Schulen langsam wieder zur Normalität finden, häufen sich bei der Musikschule die Schwierigkeiten – und zwar unverschuldet. Bei einem Pressegespräch gestern nannten Volker Arras, der Geschäftsführer des Vereins – als solcher ist die Musikschule organisiert –, und Vorsitzender (und Schulleiter) Olaf Weithäuser die ungelöste Raumfrage und eine dramatische Tendenz bei den Anmeldezahlen als die drängendsten Probleme der Einrichtung. Da ist es fast ein Klacks, dass die Corona-Zwangspause die Musikschule bisher 70.000 Euro an entgangenen Gebühren gekostet hat. Immerhin gibt es vom Land als erste Soforthilfe 30.000 Euro, wobei Arras hofft, dass das nicht auf andere Landeszuschüsse angerechnet wird.

Denn seitdem das 33-köpfige Team um Weithäuser im Mai sein Container-Ausweichdomizil bezogen hat, gibt es für den Unterricht nur drei Räume. Normalerweise wird auch in den Klassenzimmern des Schulzentrums geprobt, aber wegen des Erlasses des Kultusministeriums sind diese zumindest bis zum 31. August tabu. Übergangsweise, so berichtet Arras, wurde ein Raum der Mehrzweckhalle den Musikschülern zur Verfügung gestellt – was zeitlich manchmal mit den Übungszeiten der Sportler kollidiert –, aber auch die noch nicht bezogene Flüchtlingsunterkunft im Rindweg. Aber das ist keine Dauerlösung, wohl schon zum Monatsende wird sich die Raumfrage wieder verschärfen, wenn die ersten Flüchtlinge kommen. Schulleiter Weithäuser ist einigermaßen ratlos: "Ich habe Bauchweh, wie es weitergehen soll."

Selbst wenn die Musikschule wieder in die Klassenzimmer dürfte, stellt sich die Frage, wie man diese, wie es Vorschrift ist, wieder desinfizieren soll: "Auch da haben wir noch keine Lösung: Wir gehen in die Sommerpause mit vielen Fragezeichen." Denn wenn sich Weithäuser und Arras etwas wünschen dürften, dann wären es ziemlich viele Räume: Allein für Schriesheim gibt Weithäuser einen Bedarf von "sieben bis acht Räumen unterschiedlicher Größe, hauptsächlich am Nachmittag" an; wenn er auch noch Hirschberg einrechnet – hier ist die Situation nicht ganz so gravierend – würde er sich insgesamt zwölf Orte zum Proben wünschen. Eine Aufstockung des bisherigen Containers sei nicht zu bezahlen, so Arras.

Aber damit nicht genug des Ungemachs: Die Anmeldungen für das nächste Musikschuljahr gehen eher schleppend ein. Da schlug zudem ins Kontor, dass es Ende Juni keinen richtigen Tag der offenen Tür mit seiner enormen Werbewirkung gab, sondern nur einen im Internet. Deswegen appelliert Arras auch an die Eltern: "Nur wenn genügend Schüler kommen, kann unsere Musikschule weiterexistieren." Natürlich steht er auch als Stadtkämmerer hinter der Einrichtung: "Unsere Aufgabe ist es, die musikalische Erziehung anzubieten. Und deswegen ist es ein erklärtes Ziel der Stadt, die Musikschule zu erhalten." Was aber nicht heiße, dass das Stadtsäckel alles an Ausfällen bezahlen kann. Deswegen hofft Arras, dass es weiterhin Spenden der Eltern an die Einrichtung geben wird, die zumindest einen Teil des momentanen Defizits auffangen.

Denn finanziell auf Rosen gebettet war die Musikschule noch nie: Bei Ausgaben von 690.000 Euro für Personal und 100.000 Euro an Sachkosten im Jahr kommen "nur" 200.000 Euro von den beiden Trägergemeinden Schriesheim (zu zwei Dritteln) und Hirschberg (zu einem Drittel); zum größten Teil finanziert sich die Einrichtung aus Gebühren (etwa 400.000 Euro), aber auch aus Landeszuschüssen. Deswegen fährt Arras eine Doppelstrategie aus Sparen und aus Spenden: In den letzten Jahren gelang es ihm, durch einen neuen Haustarifvertrag 300.000 Euro an Personalkosten einzusparen – wobei alle Lehrer weiter sozialversicherungspflichtig angestellt sind. Zugleich kann jeder ab einem Betrag von 50 Euro im Jahr Fördermitglied des Musikschulvereins werden: "Jeder Euro, den wir zusätzlich einnehmen, hilft – von den Instrumenten bis zu den Noten."

Aber es gibt auch gute Nachrichten: Die gut 670 Schüler hielten der Musikschule auch in der Coronakrise die Treue, alle Lehrkräfte wurden normal weiterbezahlt: "Da sind wir schon stolz drauf", so Arras. Die Zwangspause war auch nicht "musikschulfrei", sondern rund 90 Prozent der Schüler wurden per Internet erreicht: "Das begann eine Woche nach dem Lockdown – sogar in den Osterferien", resümiert Weithäuser. Aber anstrengend war diese Form des Unterrichts dann doch – und so waren alle froh, als der Präsenzunterricht am 15. Juni wieder startete. Wenn auch, wie bei den Bläsern und ihren Aerosolen, im Freien.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung