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03.09.2020

Auf dem Autohaus-Gelände gibt's jetzt Raritäten statt Matratzen

Auf dem Autohaus-Gelände gibt's jetzt Raritäten statt Matratzen

Dirk Heckmann bietet ausgesuchte Antiquitäten an - Seit 2009 ist er in der Talstraße

Dirk Heckmann, der sonst in der Talstraße residiert, hat einen „Showroom“ mit allerhand Raritäten direkt an der B3 eröffnet. Foto: Dorn

Von Micha Hörnle

Schriesheim. Das muss man Klaus Gärtner schon lassen: Er sorgt dafür, dass die Hallen seines ehemaligen Autohauses nicht leer stehen. Die Verkaufshalle nutzt der MGV Eintracht jetzt für seine Chorproben, seit einer Woche hat auch der Schriesheimer Antiquitätenverkäufer Dirk Heckmann im ehemaligen "Matratzen-Concord" einen Ausstellungs- und Lagerraum eingerichtet. Seit elf Jahren residiert Heckmann, der in den neunziger Jahren in der Schwetzinger Vorstadt einen eigenen Laden namens "Fifty-fifty" hatte, in der Talstraße. Bei ihm war auch schon der walische Raritätenjäger Drew Pritchard zu Gast, der sonst die Schlösser und Herrenhäuser Großbritanniens durchstöbert und im dortigen Fernsehen sogar seine eigene Sendung "Salvage Hunters" (etwa: "Die Altstoff-Jäger") hat. Pritchard war von der Sammlung Heckmanns derartig begeistert, dass er ihm ein uraltes Motorrad abkaufen wollte – ohne Chance.

Eigentlich war Heckmann eher auf der Suche nach einem Lagerraum, denn die Scheune in der Talstraße war schon übervoll, zumal es im Moment auch keine Antiquitätenmessen gibt. Da ergab sich der Kontakt zu Gärtner: Vor drei Wochen unterschrieb er den Mietvertrag, der erst einmal bis zum Januar läuft, dann transportierte er zwei Wochen lang seine Schätze in die Landstraße, am letzten Freitag machte er auf. Und da die Neunutzung des Geländes als zukünftiger Standort des Seniorenheims "Edelstein" noch Monate, wenn nicht gar Jahre auf sich warten lässt, kann sich Heckmann eine Verlängerung vorstellen.

Und tatsächlich: Die ersten Stücke hat er schon verkauft, jedes Mal, wenn er in der Landstraße ist, kommen Leute, um sich umzuschauen, "ständig ist was los", meint der 54-Jährige – wie gestern Volkhard Franke aus Schriesheim, der mit Frau und Tochter einen Stopp einlegte. "Ich bin schon ein paar Mal vorbeigefahren, aber jetzt war mal offen." Er habe "jede Menge Sachen gefunden", die ihn interessierten: Vor allem "diese Ledersachen sind irre".

Tatsächlich sind alte Sportgeräte gerade ein besonderer Verkaufsrenner, die einstigen Schrecken des Sportunterrichts sind heute zu beliebten Deko-Objekten geworden – von Matten über Bänke, Böcke bis hin zum Pauschenpferd. Eine andere Spezialität Heckmanns sind alte Scheinwerfer auf neuen Stativen, die sich gerade in einem Autohaus gut machen – weil sie gern von Sammlern dazu verwandt werden, einen Oldtimer ins rechte Licht zu setzen.

Und dann gibt es natürlich jede Menge Dinge, die fast noch besser auf dieses Gelände passen: alte Reklameschilder, gern auch beleuchtet, für Zündkerzen oder Ersatzteile; sogar Heckmanns alter Chevrolet-Pick-up von 1954 steht im Schaufenster. Ein bisschen Geld sollte man schon mitbringen: Am teuersten ist der Colaautomat für 5000 Euro, die Leuchtreklame gibt es nicht für weniger als einen Tausender, die Scheinwerfer kommen auf gut 700 Euro, immerhin die Pappwerbung gibt es für ein paar Münzen.

Mit gerade populären TV-Sendungen wie "Bares für Rares" hat er es nicht so: "Das macht etwas mit den Zuschauern. Es konditioniert die Menschen, das Maximale herauszuholen." Und das ist seine Sache nicht. Was selten ist, hat seinen Preis, aber astronomische Preise für alte Allerweltsware lehnt er ab. Oft hat er richtige (und rare) Ensembles, wie die Bestuhlung es Terrassen-Cafés aus Frankfurt mit dem typischen Fünfziger-Jahre-Dekor.

Mit alten Emaille- und Blechschildern hatte Heckmann schon als Jugendlicher angefangen, später kamen Zapfsäulen und Jukeboxen, oft aus Amerika importiert, dazu. Die Musikmaschinen hat er weitgehend aufgegeben, im Moment hat es ihm am meisten historische Leuchtreklame angetan. Überhaupt gehe der Trend weg vom Sammeln eher hin zu besonderen Schau-Objekten – gerade bei jungen Leuten, die das Einzigartige suchten, wie eben bei den alten Turngeräten. Ab und an stattet er auch Lokale aus und beliefert Filmproduktionen. Von manchem mag er sich nicht trennen, aber: Alles, was in der Landstraße ausgestellt ist, kann man auch kaufen.

Info: Classic Objects, Landstraße 108, Öffnungszeiten: Freitag, 16 bis 19 Uhr, Samstag, 10 bis 14 Uhr, Terminvereinbarung unter Telefon: 0172/ 9 14 55 66.

Hintergrund: Das Autohaus Gärtner direkt an der B3, 1950 gegründet zunächst noch mit einer Tankstelle, steht seit knapp zwei Jahren leer. Eine Zeit lang sah es danach aus, als könnten auf diesem 6000 Quadratmeter großen Gelände in Schriesheimer Bestlage – dazu gehört auch die mittlerweile geschlossene "Matratzen-Concord"-Filiale – 30 Doppel- und Reihenhäuser entstehen. Daran gab es im Ausschuss für Technik und Umwelt im März 2019 und später im Gestaltungsbeirat Kritik: weniger wegen der Nachnutzung als Wohngebiet, sondern wegen der Art der Bebauung und der Verkehrsanbindung. Daraufhin dachte die Stadt über ein Bebauungsplanverfahren nach, um besser mitreden zu können. Mitte Juli wendete sich das Blatt: Das Seniorenheim "Edelstein", das in der Talstraße mit seinen eigenen Neubauplänen gescheitert war, soll nun aufs Gärtner-Gelände ziehen, mit Gärtner wurde eine Einigung erreicht. Für Bürgermeister Hansjörg Höfer "eine große Chance für Schriesheim". Kurz darauf beschloss der Gemeinderat einen Ideenwettbewerb für das Areal. hö

Schatzkiste in der Talstraße: In der Scheune stehen viele antike Gebrauchsgegenstände, vorzugsweise aus den Fünfzigern. Foto: Dorn

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung