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06.10.2020

Dem Wald geht es gar nicht mal so schlecht

Dem Wald geht es gar nicht mal so schlecht

Trockenheit, neue Baumarten und Einsatz von Spritzmitteln: Revierförster Michael Jakob stellte sich bei einer Begehung vielen Fragen

Förster Michael Jakob startete mit 21 interessierten Schriesheimern zu einer Walderkundung am Schriesheimer Hof bei Wilhelmsfeld. Viele machten sich Sorgen um den Zustand der Bäume – allerdings ist für Jakob die Lage in diesem Jahr nicht so dramatisch. Foto: Dorn

Von Karin Katzenberger-Ruf

Schriesheim. "Frag den Förster" heißt eine Aktion des Kreisforstamtes, die im September startete. Michael Jakob, neben Walter Pfefferle einer der beiden Revierförster in Schriesheim, nimmt’s wörtlich und erklärt der 21-köpfigen Gruppe am Unteren Schornsteinweg kurz vor der Gemarkungsgrenze von Wilhelmsfeld: "Ich habe jetzt nichts vorbereitet, Sie dürfen einfach Fragen stellen, und ich versuche, sie, so gut wie möglich, zu beantworten."

Weil die Gäste so wissbegierig sind und länger an einer Stelle verweilen, wird es nichts mit dem geplanten Rundweg, der eigentlich am Ausgangspunkt Forsthausweg enden sollte. "Da würden wir erst im Dunkeln ankommen", sagt der Förster. Für ihn war 2020, was den Wald betrifft, bisher übrigens "kein besonders schlimmes Jahr". Habe es nach längerer Trockenheit im Frühjahr doch immer wieder mal geregnet.

Warum hatten viele Buchen trotzdem schon im Juni braune Blätter? Das kann er sich nur mit dem immer noch bestehenden Wassermangel in den unteren Bodenschichten erklären, nachdem der Grundwasserspiegel im Dürrejahr 2018 kontinuierlich gesunken war, seither immer noch zu niedrig ist. Und Buchen seien nun mal Tiefwurzler. Ihr Anteil im Schriesheimer Wald liege bei über 50 Prozent, der Bestand habe sich zum Teil "wunderbar verjüngt", so Michael Jakob. So gesehen hofft er einfach, dass junge wie alte Bäume nächstes Jahr wieder ausschlagen.

Und was ist mit den vom Borkenkäfer gebeutelten Fichten? Die sterben seiner Schilderung nach auch im Odenwald, ist die Lage aber lange nicht so schlimm wie etwa im Harz. Für den Förster sind Fichten dennoch "die problematischste Baumart überhaupt", auch weil die Flachwurzler bei schweren Stürmen als erste umstürzen. In der Forstwirtschaft verzichte man deshalb schon lange auf Neupflanzungen. Jakob verteidigt aber auch das Handeln seiner Vorgänger. Demnach wurde nach dem Zweiten Weltkrieg einfach jede Menge Bauholz gebraucht, weshalb man Wälder mit der schnell wachsenden Baumart aufforstete.

Und was ist die Alternative? Da nennt er die Douglasien. Die Tiefwurzler sind seiner Beschreibung nach standfest, vertragen Hitze gut, brechen auch nicht unter schwerem Schnee zusammen. Die Douglasien im Revier haben zum Teil ein Alter von 100 Jahren erreicht, weisen aber schon ab der Generation "50 plus" einen durchschnittlichen Stammesumfang von etwa 1,20 Meter auf. Dies schon "in Brusthöhe", wie es der Förster definiert. Liegt es vielleicht unter anderem am Buntsandstein, dass die Bäume fernab ihrer nordamerikanischen Heimat bei uns offenbar so wohl fühlen?

An der Diskussion, ob man in Deutschland fremdländische Bäume pflanzen sollte, beteiligt sich Michael Jakob nicht. Für ihn ist der "Wald der Zukunft" einfach einer, in dem Bäume gut gedeihen. An der Stelle nennt er die Roteiche, die ebenfalls aus Amerika stammt. Außerdem freut er sich, dass sich Weißtannen, den es jahrelang gar nicht gut ging, inzwischen "komplett erholt" haben: "Wir sollten Tannen mehr fördern." Momentan machen sie gerade mal ein bis zwei Prozent des Bestands aus.

Der Verfall des Holzpreises von einst durchschnittlich 100 auf jetzt 25 Euro pro Festmeter ist bei der kleinen Wanderung ebenfalls ein Thema. Ebenso der Einsatz von Spritzmitteln. Nur eines ist laut Jakob erlaubt – und zwar im Zusammenhang mit der Borkenkäferplage und nur bei "Käferholz", das zum Verkauf steht, aber nicht schnell genug weggeschafft werden kann.

Stichwort "Monokultur" im Wald: Die Annahme, die gebe es nach wie vor, kann der Förster entkräften. Wenn neue Bäume einer Art gepflanzt würden, dann vielleicht auf einer Fläche von 30 mal 30 Meter. Wobei sich die Wuchshüllen aus Kunststoff bewährt hätten. Möglicherweise, weil sich in ihnen Kondenswasser bilde und die jungen Pflanzen mit genügend Feuchtigkeit versorge. Wie der Staudenknöterich bekämpft werde, will eine Teilnehmerin wissen. Der sei gar nicht so sehr das Problem, erfährt sie. Eher schon die Kermesbeere, die sich schnell auf größeren Flächen ausbreite – weil Vögel "beim Fressen auf ihren Lieblingsplätzen" den Samen millionenfach auf den Waldboden fallen ließen.

Einem Teilnehmer ist indessen aufgefallen, dass im Wald immer wieder Grünschnitt entsorgt wird. Das sei schon deshalb verboten, weil an den Stellen in der Regel auch anderer Abfall lande, so Michael Jakob. Seinen Worten nach dient der Wald zu gleichen Teilen der Holzgewinnung, dem Klimaschutz und als Erholungsort.

Die mit 300 Jahren älteste Eiche auf Schriesheimer Gemarkung südlich des Waldschwimmbades sei allerdings schwer zu finden. "So ein Baum wird natürlich niemals gefällt", verspricht er.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung