Schriesheim im Bild 2023

11.02.2022

Christoph Oeldorf rechnet nicht mit einer raschen Ernennung zum Bürgermeister

Im RNZ-Interview spricht er über seine Corona-Infektion und über das Warten: "Das werden eher Monate als Wochen".

Von Micha Hörnle

Schriesheim. Seit einer Woche ist Bürgermeister Christoph Oeldorf im Amt. Doch schon am ersten Arbeitstag bremste ihn eine Corona-Infektion aus. Der RNZ berichtet er, wie die ersten Tage im Homeoffice so gelaufen sind.

Herr Oeldorf, wie geht es Ihnen?
Soweit ganz gut. Es fühlt sich wie eine Grippe an, im Moment ist meine Stimme etwas belegt. Ich warte darauf, dass ich endlich wieder raus darf.

Haben Sie dafür eine Perspektive?
Ich hoffe auf Ende der Woche. Natürlich nur, wenn dafür die rechtlichen und medizinischen Voraussetzungen gegeben sind: Ich muss mich freitesten und symptomfrei sein.

Was haben Sie denn in der letzten Woche im Rathaus verpasst?
Vor allem die persönlichen Gespräche mit den Mitarbeitern. Ich hatte geplant, mich bei allen Kollegen coronakonform vorzustellen. Ein gegenseitiges Kennenlernen eben. Aber es konnten ja keine Termine in Präsenz stattfinden, also haben wir das auf Videokonferenzen umgestellt.

Wie nahm man Sie im Rathaus auf?
Sehr freundlich, mit dem einen oder anderen Mitarbeiter war ich ja schon im Vorfeld meiner Wahl zum Amtsverweser im Kontakt oder habe zwischen Tür und Angel gesprochen. Das war ein guter Start. Und wenn ich auch noch nicht im Bauhof und den Kindergärten war, will ich versuchen, das bald nachzuholen.

Sie arbeiten ja im Homeoffice. Aber eigentlich sind Sie ja krankgeschrieben ...
Mit Krankschreibungen ist das ja bei Bürgermeistern eine eigene Geschichte (lacht). Aber im Ernst: Ich habe Akten gelesen, an ersten Besprechungen teilgenommen, um mich über einige Themen zu informieren und auf dem Laufenden zu bleiben, und die nächsten Arbeitstage vorbereitet. Das kann durchaus auch ein bisschen umfangreicher sein, es wird mir nicht langweilig. Man ist ja als Bürgermeister nicht dazu gemacht, dass man zu Hause sitzt.

Was steht als Erstes auf Ihrer Agenda?
Derzeit allen voran der Mathaisemarkt. Da wir ihn in diesem Jahr erneut nicht feiern können, ist es in diesem Zuge wichtig, dass wir uns auch mit der Diskussion über seine Zukunft beschäftigen.

Wann fiel die Entscheidung, den Mathaisemarkt endgültig abzusagen?
Bereits im Dezember wurde bei der Sitzung des Markt- und Kulturausschusses deutlich, dass es auch in diesem Jahr kein Fest geben wird, welches dem üblichen Mathaisemarkt gerecht werden kann. Durch die frühe Absage des Gewerbe- und schließlich auch des Festzeltes zeichnete es sich bereits im letzten Jahr ab, dass es im März zum Mathaisemarkt lediglich kleinere Alternativveranstaltungen geben kann. Auch ein Festzug wurde angesichts der Vorlaufzeit und gegenwärtigen Planungsunsicherheit nahezu unmöglich. Dabei wurde im Dezember über verschiedene Optionen diskutiert. Ende der letzten Woche erreichte uns dann die Mitteilung der Vertreterin der Schausteller, dass der Betrieb eines Vergnügungsparks unter den gegebenen Bedingungen Anfang März nicht sinnvoll und ein hohes wirtschaftliches Risiko für die Schausteller ist. Daraufhin wurden Anfang dieser Woche weitere Gespräche sowohl verwaltungsintern als auch mit weiteren Beteiligten des Mathaisemarkts geführt.

Hätte man nicht besser die Markt- und Kulturausschusssitzung am nächsten Mittwoch abwarten sollen? So wurden sie per Rathausbeschluss wieder vor vollendete Tatsachen gestellt…
Auf die Entscheidung der Schausteller kann auch der Markt- und Kulturausschuss keinen Einfluss nehmen. Nach ihrer Absage gab es keine weitere Grundlage, um dort etwas zu besprechen. Darüber hinaus wurde durch die Absagen und Gespräche im vergangenen Jahr bereits deutlich, dass der Mathaisemarkt in seiner üblichen Form nicht stattfindet. Dabei wurden die Beteiligten bereits frühzeitig in den aktuellen Sachstand miteinbezogen. Auch nach der Sitzung des Markt- und Kulturausschusses im Dezember gab es weiterführende Gespräche mit Beteiligten. Es handelt sich hier demnach nicht um einen "Rathausbeschluss", sondern um die Bekanntgabe der Entscheidung der Schausteller.

Nun ist eine Ersatzveranstaltung für den Sommer geplant. Darf Sie denn "Mathaisemarkt" heißen?
Hierbei geht es weniger um das "Dürfen". Vielmehr muss man darüber nachdenken, ob man die bekannte Marke "Mathaisemarkt" zu einem anderen Zeitpunkt als üblich und zu einer anderen Veranstaltung als üblich nutzen möchte. Seitens der Verwaltung sieht man das kritisch und würde daher anregen, für die Ersatzveranstaltung lieber einen anderen Titel zu wählen.

Bei dieser Ersatzveranstaltung sollen auch die Weinhoheiten gekrönt werden. Aber die Krönung ist doch untrennbar mit dem Mathaisemarkt verbunden ...
Da richtet sich die Stadt nach den Wünschen und Planungen der Winzergenossenschaft, mit der wir in engem Austausch stehen.

Vielleicht bringt ja Omikron die Wende. Wäre ein Extra-Fest zum Ende der Pandemie denkbar?
Aus unserer Sicht ist dies derzeit noch sehr vage und zeitlich nicht valide planbar. Daher präferieren wir die Planungen für eine Ersatzveranstaltung im Sommer, unabhängig von der kurzfristigen Entwicklung der Pandemie.

Aktuell wird über die Zukunft der Hans-Pfitzner-Straße diskutiert. Haben Sie da eine Meinung?
Ich halte es für wichtig, dass eine Diskussion beginnt.

Sind Sie für eine Umbenennung?
Das Thema war mir neu, deswegen muss ich mich erst einmal in diesen Sachverhalt einarbeiten. Gegen eine sinnvolle Umbenennung hätte ich aber nichts einzuwenden.

Man könnte aber auch den Straßennamen beibehalten und eine Ergänzungstafel anbringen…
In jedem Fall bin ich der Meinung, dass wir die Diskussion ergebnisoffen führen sollten.

Etwas ganz anderes: Auf Ihrer Agenda steht ja wohl auch die Zukunft des Gärtner-Geländes. Da gab es schon erste Gespräche, wie man so hört.
Selbstverständlich ist es auch in unserem Sinne, zeitnah eine geeignete Lösung für die Nutzung dieses Geländes zu finden. Hierfür laufen derzeit die Gespräche.

Jetzt stünde auch die Haushaltseinbringung an. Wann bringen Sie Ihren ersten Haushalt ein?
Ich bin gerade kräftig dabei, mich einzuarbeiten. Der Haushaltsplan soll in der kommenden Gemeinderatssitzung am 23. Februar thematisiert werden.

Viele Schriesheimer sind auf Sie als Person neugierig. Wie kann man Sie kennenlernen?
Ich freue mich über jedes Gespräch und jede Begegnung – auch wenn das in dieser Infektionslage etwas schwieriger ist als sonst.

Haben Sie an Bürgermeistersprechstunden gedacht?
Mittelfristig kann ich mir das gut vorstellen. Ich halte so etwas für richtig, sowohl in Schriesheim als auch in den beiden Ortsteilen. Jedoch ist es wichtig, dass es sich um ein attraktives und vor allem verlässliches Angebot handelt. Daher muss das Konzept gut durchdacht und vorbereitet werden.

Wann rechnen Sie damit, endlich Bürgermeister zu werden?
Zunächst hoffe ich natürlich, dass die Entscheidung des Verwaltungsgerichts positiv für mich ausfällt. Also kann ich nur sagen: Nach Abschluss des Verfahrens. Das klingt vielleicht etwas banal, aber das ist so: Man kann es nicht einschätzen. Mich würde es freuen, wenn das kein Jahr dauert. Aber ich gehe davon aus, dass es eher Monate als Wochen werden.

Sind Sie eigentlich davon genervt, dass Ihr Start unter einem solchen schlechten Stern stand: erst die Ernennung "nur" zum Amtsverweser und dann gleich am ersten Arbeitstag Ihre Corona-Infektion?
Mein Start ins Amt und die Symbolik scheinen gerade nicht meine Freunde zu sein (lacht). Man kann es nicht wegdiskutieren: Da fehlt einem schon etwas. Wirklich schade ist, dass ich noch nicht alle Kollegen im Rathaus kennenlernen konnte. Nichts ersetzt das persönliche Gespräch. Aber das ist nur aufgeschoben, nicht aufgehoben.

Wie redet man Sie korrekt an: "Herr Bürgermeister" oder "Herr Amtsverweser"?
Nach meinem Kenntnisstand wird ein Amtsverweser allgemein mit "Herr Bürgermeister" angesprochen.

Sind Sie sauer, wenn Sie jemand "Herr Amtsverweser" nennt?
Im Moment ist das für mich keine Kränkung, sondern eine Zustandsbeschreibung. Doch dauerhaft wäre das nicht so schön, aber in der jetzigen Situation kann ich noch darüber lachen. Jetzt sollte man das Beste daraus machen.

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Autor: Rhein-Neckar-Zeitung